Nachträgliche Verwahrung
Ein neues forensisch-psychiatrisches Gutachten, stellt in der Regel keinen Revisionsgrund dar (BGE 6B_714/2018 vom 14.08.2018, Publikation in der AS vorgesehen).
Das gilt jedenfalls dann, wenn es bloss eine vom damaligen Gerichtsgutachten abweichende andere Diagnose / Prognose enthält, also einfach eine andere Würdigung derselben Fakten:
In casu waren die verwahrungsbegründenden Tatsachen Thema des Strafverfahrens. Die Gerichte hatten die beantragte Verwahrung beurteilt und abgelehnt (oben Bst. A.a und A.b). Sämtliche Verwahrungsvoraussetzungen bildeten Gegenstand des Strafverfahrens. Ein neues Gutachten, welches nur eine andere Meinung vertritt, indem es bei der Evaluation der Psychopathie auf eine vom Gerichtsgutachten abweichende Diagnose oder Prognose schliesst (“conclut à une appréciation différente”), begründet keinen Revisionsgrund (Urteil 6B_1192/2016 vom 9. November 2017 E. 4). Die Revisionsvoraussetzungen sind nicht realisiert.
Aus der Medienmitteilung des Bundesgerichts:
In prozessualer Hinsicht kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass die heute geltende Regelung zur nachträglichen Verwahrung grundsätzlich auch auf Täter anwendbar ist, die vor dem Inkrafttreten der Revision des Strafgesetzbuches am 1. Januar 2007 eine Straftat begangen haben oder verurteilt wurden. Die nachträgliche Verwahrung gestützt auf ein neues Gutachten kann nur sehr restriktiv angeordnet werden. Es müssen Tatsachen und Beweismittel vorliegen, die im Zeitpunkt der ursprünglichen Verurteilung bereits bestanden haben, ohne dass das Gericht davon Kenntnis haben konnte (Artikel 65 Absatz 2 des Strafgesetzbuches). Im vorliegenden Fall bildeten sämtliche Voraussetzungen für eine Verwahrung bereits Gegenstand des seinerzeitigen Strafverfahrens; die Gerichte beurteilten die beantragte Verwahrung und lehnten sie ab. Ein neues Gutachten, welches nur eine andere Meinung vertritt und auf eine abweichende Diagnose und Prognose schliesst, bildet keinen Revisionsgrund. Der Beschluss des Obergerichts zur Eröffnung des Revisionsverfahrens verletzt damit Bundesrecht. Auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Entlassung aus der Sicherheitshaft und auf sein Genugtuungsbegehren tritt das Bundesgericht nicht ein. Die Sache wird diesbezüglich ans Obergericht zurückgewiesen.
Die Quintessenz dieses Entscheids ist kurz, knapp und klar. Ob die erste öffentlich rechtliche Abteilung gleich entschieden hätte…? (vgl. 1B_548/2017)