Nachtrag zum Thema überlastete Strafjustiz
Die Bundesanwaltschaft hat nichts unversucht gelassen, drei beschuldigte Personen wegen „Aufforderung und Verleitung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten“ (Art. 276 StGB) zur Verantwortung zu ziehen. Sie warf Ihnen gemäss Medienmitteilung des Bundesstrafgerichts vor, einen Artikel mit dem Titel „L’Armée, je boycotte“ („Die Armee boykottiere ich“) im Internet veröffentlicht und im Fall von A. auch an mehrere E-Mail-Adressen, darunter auch die von Journalisten, versandt zu haben. Sie führte Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen durch.
Das Bundesstrafgericht spricht alle drei frei (SK.2023.4 vom 03.07.2023). Die Begründung liegt noch nicht vor. Der Medienmitteilung kann aber folgendes entnommen werden:
C. wurde freigesprochen, da die ihn betreffenden Tatsachen, wie sie in der Anklageschrift beschrieben wurden, nicht den Tatbestandsmerkmalen des Art. 276 StGB entsprechen.
Was die beiden anderen Angeklagten A. und B. betrifft, so wurden sie, obwohl der Straftatbestand erfüllt war, aus folgenden Gründen freigesprochen:
Die Meinungsfreiheit ist durch Art. 10 EMRK und Art. 16 BV garantiert. Eine Einschränkung derselben, insbesondere in Form einer Verurteilung, muss auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen sowie zweckmässig und verhältnismässig sein.
Im vorliegenden Fall kam die Strafkammer insbesondere in Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schluss, dass eine Verurteilung auf der Grundlage von Art. 276 StGB unverhältnismässig gewesen wäre.
Damit ist die Berufung wohl vorprogrammiert und das Ding wird weitere Ressourcen fressen. Die Medien werden dranbleibe, denn die Beschuldigten handelten im Interesse des Klimas.
Zu Zeiten meiner Militärdienstpflicht hiess das noch: „L’Armée, ça tue, ça pollue, ça rend con!“ Trotz lautem Rumproleten damit (auch in Uniform und in der Öfffentlichkeit), wäre es niemandem in den Sinn gekommen, daraus ein Strafverfahren zu machen. Das waren halt noch die liberalen 1980-er Jahre.. Heute herrscht allenthalben der Bestrafungswahn.
Wenn man 276 mit der Meinungsfreiheit ausschalten will, kann man den Straftatbestand gleich abschaffen. Das Bundesstrafgericht sah sich hier wohl sehr in der Rolle des Gesetzgebers. Ich bin ziemlich sicher, dass dieses Urteil gekehrt wird.
Die Meinungsfreiheit steht nicht zur Disposition des Gesetzgebers!
Richtig. Und die Gesetzgebung steht nicht zur Disposition der Justiz.
Die Meinungsfreiheit ist in der Schweiz, was die Bürgerrechte gegenüber dem Staat insbesondere der Justiz inklusive Polizei, leider seit LANGEM inexistent, total kassiert und es ist Zeit, dass das Bundesgericht das Volk / die Anwälte an ihr Grundrecht der Meinungs-Äusserungs- und freien Verbreitung erinnert.