Nachtschicht am Obergericht TG
Wenn ein Gericht nach mehrstündiger Verhandlung das Urteil ab 20.15 Uhr berät, fällt und formuliert, kann daraus nicht abgeleitet werden, es habe die Sache nicht mehr ergebnisoffen geprüft (BGer 7B_517/2023 vom 08.02.2024)
Der Beschwerdeführer hat nach den Feststellungen der Vorinstanz geltend gemacht, das Berufungsgericht habe – angesicht des Endes der Parteiverhandlung um 20.15 Uhr – für die Urteilsberatung und die Formulierung des am 14. Februar 2023 versendeten Urteils-Dispositives höchstens noch vier Stunden beansprucht. Dies erwecke seiner Ansicht nach den Anschein, dass die Beschwerdegegner ihre Meinungen schon vor der Berufungsverhandlung gebildet oder die Sache anlässlich der Beratung nicht mehr vertieft genug und ergebnisoffen geprüft hätten.
Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, dass sich mit blossem Hinweis auf den Schluss der Berufungs-Parteiverhandlung um 20.15 Uhr keine Befangenheit des Gerichtsgremiums objektiv begründen lässt; dies umso weniger, als nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht bekannt ist, wie viele Stunden an jenem Abend (bzw. in der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 2023) die Beratung des Berufungsgerichtes nach 20.15 Uhr noch dauerte. Berücksichtigen durfte die Vorinstanz auch, dass die Beratung sich auf die Tat- und Schuldfrage und die Genugtuung zugunsten der Privatklägerin beschränkte; Fragen zu den strafrechtlichen Sanktionen, darunter eine allfällige Landesverweisung, waren nicht zu prüfen. Hinzu kommt, dass der Urteilsberatung eine mehrstündige Parteiverhandlung unmittelbar vorausgegangen ist, während der die Beschwerdegegner sich bereits eine vorläufige persönliche Meinung hatten bilden können. Dass bei der Urteilsberatung am Berufungsgericht das Referentensystem zur Anwendung gelangte, ist von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. Dass die Vorinstanz in diesem Zusammenhang einen Ausstandsgrund wegen Befangenheit verneinte, erweist sich als bundesrechtskonform (E. 4.2).
Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist nicht bekannt, wie viele Stunden die Beratung nach 20.15 Uhr noch dauerte? War die Vorinstanz bei der Beratung denn nicht dabei?
Angesprochen ist hier indirekt auch eines der grössten Ärgernisse, auf die ich regelmässig stosse. Die meisten Verfahren dauern jahrelang. Die Akten sind zentnerschwer. Und die Richter fällen ihr Urteil meistens am Tag, an dem sie die Beschuldigten erstmals gesehen und befragt haben. Oder eben in der Nacht. Selbst wenn das so ist und selbst wenn sie sich vorher nicht festgelegt haben: Vertrauen schafft diese Praxis bei keinem Beschuldigten, den ich je erlebt habe (nicht einmal wenn das Urteil auf Freispruch lautet).
“Berücksichtigen durfte die Vorinstanz auch, dass die Beratung sich auf die Tat- und Schuldfrage und die Genugtuung zugunsten der Privatklägerin beschränkte.”
Das sind ja nur Nebensächlichkeiten … Wer schon mal an einem Gericht gearbeitet hat, weiss, wie das läuft: Kaum ein Beteiligter wagt es, das (vom Referenten am OG oder vom Gerichtsschreiber am BG) entworfene Urteil noch zu kippen. Denn man müsste ja ad hoc bessere Argumente formulieren können als jene im Entwurf. Und das meist ohne genaue Aktenkenntnisse. O-Ton Oberrichter: Es ist gar nicht möglich, dass alle Richter alle Akten lesen. Aktenstudium à la Post-it ist aktenkundig.
Und da dies alle wissen die irgendwo Jura studiert haben, fragt es sich nicht ob es nicht zu lächerlichkeit verkommt das angeblich Rechstaatliche Verfahren, man fragt sich auch für was man überhaupt noch ein Gerichtsverfahren braucht bzw die Verhandlung wenn das Urteil ja schon formuliert ist und sowieso nichz gekippt wird. Ah ja stimmt ja, in solchen WC Papier Gesetzen steht es gibt Anspruch auf solches Zusammenhöcklä. Da machen wir etwas Brot und Spiele für den Pöbel. Entschieden wird aber anderswo.