Nacktwanderer bleibt unbestraft

Der Nacktwanderer, der bis vor Bundesgericht für seinen Freispruch kämpfte und unterlag (s. meinen letzten Beitrag dazu), bleibt nun doch straffrei, und zwar weil die gegen ihn verhängte Strafe verjährte. Dies geht aus einem neuen Urteil des Bundesgerichts hervor (BGer 6B_955/2013 vom 11.02.2014). Danach hatten die kantonalen Justizbehörden vergessen, für die verhängte Busse von CHF 100.00 eine Ersatzfreiheitsstrafe anzuordnen, was zwar in einem Nachverfahren nachgeholt wurde, vor der Vollstreckung aber eben verjährte.

Die Sache wird aber trotzdem viel teurer. Allein für die verlorene Beschwerde verlangt das Bundesgericht nach Abweisung des UP-Gesuchs CHF 800.00. Der Anwalt dürfte ein paar tausend kosten. Hängig ist zudem noch das Verfahren in Strassburg, welches der Nacktwanderer durchaus gewinnen könnte.

Zur nachträglichen Anordnung der Ersatzfreiheitsstrafe:

Spricht der Richter im Urteil versehentlich keine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse aus, muss er die Ersatzfreiheitsstrafe, da diese im Anwendungsbereich von Art. 106 Abs. 2 StGB zwingend ist, nachträglich anordnen. Die Rechtsgrundlage hiefür ergibt sich unmittelbar aus Art. 106 Abs. 2 StGB. Der Beschwerdeführer erfährt dadurch, dass die zwingende Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung der Busse nicht bereits im Urteil, sondern erst nachträglich angeordnet wird, keinerlei Nachteile. Durch die nachträgliche Anordnung werden die in der Beschwerde angerufenen Ansprüche und Grundsätze (faires Verfahren etc.) nicht verletzt (E. 3.2.2.).

Weiteres Thema war die Frage nach der amtlichen Verteidigung, die das Bundesgericht nicht sieht, obwohl die involvierten Instanzen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen gekommen waren und sich zahlreiche Rechtsfragen stellten, die nicht ganz einfach zu beantworten sind. Im vorliegenden Verfahren ging es aber allein um die nachträgliche Festlegung einer Ersatzfreiheitsstrafe, was das Bundesgericht wohl zu Recht dazu führt, die Voraussetzungen für die amtliche Verteidigung zu verneinen.:

Im Übrigen mögen sich im vorliegenden Fall zwar einige Fragen betreffend das anwendbare Prozessrecht und das Verfahren stellen. Deren Beantwortung hat aber keine Auswirkungen auf die Frage der nachträglichen Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe, welche keine erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten bereitet (E. 2.3.2).