Neue Beweismittel – neue Anklage

Bei der Beurteilung eines Tötungsdelikts hat das Obergericht ZH die Erstellung eines neuen Gutachtens angeordnet, welches den Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen liess. In der Folge hat das OGer die Staatsanwaltschaft unter Beibehaltung der Rechtshängigkeit Gelegenheit eingeladen, die Anklage “anzupassen”. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde tritt das Bundesgericht nicht ein (BGer 7B_808/2023 vom 06.12.2023). Kein nicht wieder gutzumachender Nachteil:

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts stellt ein Beschluss des Gerichts gemäss Art. 329 Abs. 2 StPO einen prozessleitenden Entscheid dar, der grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur bewirkt und deshalb nicht nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG angefochten werden kann (siehe im Einzelnen BGE 143 IV 175 E. 2; Urteile 1B_363/2021 vom 5. April 2022 E. 2.2; 1B_362/2021 vom 6. September 2021 E. 3.1; je mit weiteren Hinweisen). Aus welchem Grund davon hier eine Ausnahme bestehen soll, ist nicht erkennbar. Dass zufolge des angefochtenen Beschlusses eine Verletzung des Beschleunigungsgebots droht, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich, zumal die Staatsanwaltschaft gemäss den kantonalen Akten im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung beim Bundesgericht bereits einen “Angepasste[n] Anklagesachverhalt an das neue Beweisergebnis” eingereicht hat und die Parteien in der Folge aufgefordert worden sind, sich zur Frage zu äussern, wie das Verfahren fortgesetzt werden soll. Dagegen bewirkt die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung von (anderen) Verfahrensgarantien nach der EMRK für sich alleine keinen drohenden nicht wieder gutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur, kann diese doch im Rahmen der Beschwerde gegen den Endentscheid in der Sache vorgebracht und vom Bundesgericht beurteilt werden. Unter diesen Umständen verlangt aber auch der in der Beschwerde erwähnte Art. 13 EMRK nicht, dass das Bundesgericht sofort angerufen werden kann. Der Beschwerdeführer beruft sich schliesslich auf die Rechtsprechung zum Fall, in dem die Missachtung des Vorschlagsrechts der beschuldigten Person bei der Bestellung der amtlichen Verteidigung nach Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK (und Art. 133 Abs. 2 StPO) beanstandet wird (siehe BGE 139 IV 113 E. 1.2), geht jedoch zu Unrecht davon aus, die darin nach Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG bejahte Beschwerdemöglichkeit gelte auch für die Rückweisung der Anklage an die Staatsanwaltschaft in Anwendung von Art. 329 Abs. 2 StPO (E. 1.4).

Wie das wohl weitergeht? Gibt es für einen angepassten Anklagesachverhalt tatsächlich nur eine Instanz oder weist diese nicht doch lieber zurück an das Bezirksgericht?

So oder so ein Unding und ein offenkundiger Verstoss gegen den Immutabilitätsgrundsatz. Aber auch das ist halt kein nwgzm-Nachteil rechtlicher Natur i.S.v. Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Art. 333 StPO mit seinem unmissverständlichen Wortlaut ermöglicht übrigens die hier erfolgte Anpassung auch nicht. Das ermöglicht nur die Rechtsprechung des Bundesgerichts.