Neuer Hanfentscheid des Bundesgerichts

In einem neuen Urteil, das zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehen ist, stützt das Bundesgericht einen Entscheid des Obergerichts SG, das einen Hanfexperten verurteilt hat, der aus an den von ihm angebauten Hanfprodukten Hanfsirup hergestellt hat (BGE 6B_878/2019 vom 29.07.2019).

Der Beschwerdeführer hatte eine Verletzung von “nulla poena” geltend gemacht (Art. 1 StGB, Art. 7 EMRK):

Regeln zur Bestimmung des Wirkstoffgehaltes Tetrahydrocannabinol (nachfolgend THC) seien weder in der Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) noch sonst in einem Gesetz oder einer Verordnung festgelegt. Cannabis sei erst ab einem Gesamt-THC-Gehalt von 1 % ein verbotenes Betäubungsmittel. Tetrahydrocannabinolsäure (THC-A, nachfolgend THC-Carbonsäure) dürfe mit THC nicht zusammengerechnet werden, weil die THC-Carbonsäure erst durch Einflüsse von aussen in eine psychoaktive Substanz überführt werde. Eine genügende gesetzliche Grundlage, wie der durchschnittliche Gesamt-THC-Gehalt zu bestimmen sei, fehle.

Es ging somit wohl um das Bestimmtheitsgebot, welches das Bundesgericht – soweit ersichtlich wie immer – als nicht verletzt qualifiziert hat:

Ein genaues Kriterium liegt hier vor. Hanfpflanzen, die einen durchschnittl ichen Gesamt-THC-Gehalt von mindestens 1 % aufweisen, sind als verbotene Betäubungsmittel zu qualifizieren (Art. 1 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit dem Verzeichnis d [Anhang 5] der BetmVV-EDI). Damit wird – mit Ausnahme von Cannabisharz (Haschisch), für das eine spezielle Regelung gilt – klar festgehalten, wann Cannabis als Betäubungsmittel zu gelten hat (Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 4. Mai 2006 [Bericht Komm. NR], BBl 2006 8573, 8608 Ziff. 3.1.10.2) [E. 2.2.3].

Doch wie ist der THC-Gehalt zu messen (Das war in diesem Fall ja wohl die Crux? Massgebend ist weiterhin die Summe von THC und THC-Carbonsäure:

Der Gesamt-THC-Gehalt ist damit ein konkretes, objektiv messbares und – nachdem insbesondere durch das Rauchen von Marihuana/Haschisch psychotrop wirksames THC entsteht – ein sachgerechtes Kriterium. Beim Gesamt-THC-Gehalt handelt es sich mithin um die Summe von THC und THC-Carbonsäure (…) [E. 2.3.3].

Zur Herstellung des Sirups, der praktisch kein THC enthält, erklärt das Bundesgericht, massgeblich sei die Verwendung (auch) von Drogenhanf. Hier hat der Beschwerdeführer “in dubio” gerügt:

Ob aber der Hanfsirup neben dem unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Hanf auch aus dem “nicht als Drogenhanf zu qualifizierenden Hanfmaterial hergestellt wurde” (Beschwerde S. 42), ist für den Ausgang des Verfahrens nicht relevant. Enthielt der im Jahre 2012 produzierte Hanfsirup nebst Hanf mit einem THC-Gehalt von ursprünglich mindestens 1 % auch Hanf mit einem THC-Gehalt von unter 1 %, ändert dies nichts an der Tatbestandsmässigkeit. Der Beschwerdeführer wendet sich einzig gegen den Schuldspruch. Insgesamt vermag er keine Willkür respektive keine Verletzung der Unschuldsvermutung aufzuzeigen (E. 4.5).