Neues zum Formular A im Urkundenstrafrecht
Das Bundesgericht spricht einen vom Bundesstrafgericht (BStGer SK.2010.27 vom 20.10.2011) zu Unrecht Verurteilten frei (BGer 6B_844/2011 vom 18.06.2012). Ihm war vorgeworfen worden, die im Formular A angegebene wirtschaftlich berechtigte Person nicht nachgeführt zu haben, obwohl er sich dazu verpflichtet hatte:
Le recourant a été reconnu coupable d’usage de faux au sens de l’art. 251 ch. 1 al. 3 CP pour ne pas avoir renouvelé la formule A lors des opérations effectuées postérieurement sur le compte. Il y a usage de faux, lorsque le faux est présenté à la personne qu’il doit tromper ; il suffit qu’il parvienne dans sa sphère d’influence, c’est-à-dire qu’il soit reçu ; il n’est pas nécessaire que la dupe en prenne connaissance (…). Lorsque, ultérieurement, le recourant a versé sur le compte des valeurs qui n’appartenaient pas à l’ayant droit économique figurant sur la formule A, il n’avait toutefois pas à remettre à la banque une nouvelle formule A (celle-ci n’étant pas nécessaire à la réalisation des opérations) et ne l’a donc pas fait. On ne peut donc lui reprocher d’avoir fait usage d’une fausse formule A à ce moment-là (E. 2.3).
Zur (vertraglich begründeten) Garantenstellung:
Un contrat peut être la source d’une position de garant au sens de l’art. 11 al. 2 let. b CP. Tout engagement contractuel de faire ou de ne pas faire quelque chose ne fonde toutefois pas une position de garant. Le devoir de protéger le bien juridique ou de surveiller une certaine source de danger doit former l’objet exclusif ou principal de la mission que l’auteur avait assumée selon le contrat ; il s’agit par exemple du devoir de protection du médecin et du personnel soignant, du guide de montagne ou du moniteur de sport (GRAVEN, L’infraction pénale punissable, 2e éd., 1995, p. 81 ; DUPUIS ET AL., CP, Code pénal I, 2012, n. 11 ad art. 77 ; CASSANI, op. cit., n. 34 et 35 ad ad art. 11 ; STRATENWERTH, op. cit., § 14, n. 16). Lorsque l’obligation violée n’est qu’accessoire, il faut se demander si, comme le secret professionnel du médecin ou de l’avocat, elle a une portée propre (STRATENWERTH, op. cit. ; CASSANI, op. cit.). Les obligations accessoires, telles les obligations de diligence, d’avis ou de rendre des comptes, ou découlant du principe de la bonne foi (art. 2 CC), ne fondent pas une position de garant, à moins qu’il existe entre les intéressés une relation particulièrement étroite, de longue durée ou basée sur une confiance accrue (arrêt 6S.449/2004 du 21 septembre 2005, consid. 4.3 ; DUPUIS ET AL., op. cit. ; STRATENWERTH, op. cit.).
En l’espèce, l’objet principal de la relation contractuelle entre le recourant et la banque est la relation de compte. Certes, en signant la formule A, le recourant s’est engagé à communiquer spontanément à la banques les modifications relatives à la formule A; cette obligation d’avis n’est toutefois qu’accessoire et ne saurait fonder une obligation de garant (E. 3.2.3).
Die Rechtauffassung der Bundesanwaltschaft war schon falsch. Das Formular A ist keine einmalige Deklaration im Sinne einer Momentaufnahme, sondern eine fortlaufende. Das – und nur das! – bedeutet der Hinweis, dass man Änderungen der Bank mitteilen müsse.
Jede Transaktion über ein Konto nimmt implizit aber verbindlich Bezug auf das diesbezügliche Formular A. Jede Transaktion über ein Konto ist somit ein erneutes – aktives – deklarieren dieser Vermögenswerte im Sinne des ausgefüllten Formulars A. Unterlässt man es, eine Änderung im wirtschaftlich Berechtigten der Bank mitzuteilen, ist nicht das die strafbare Handlung, sondern dass man damit gegenüber der Bank deklariert, die Vermögenswerte entsprächen den Angaben auf dem bestehenden Formular A.
Es handelt sich also wohl eher nicht um eine Falschbeurkundung, sondern um die Verwendung einer (nunmehr) falschen Urkunde zur Täuschung, indem man durch (pflichtwidriges) Schweigen die Bank dazu bringt, das alte Formular A – aktiv, als Tatmittlerin – für die Herkunftsangabe der Vermögenswerte beizuziehen und die Bank (und allfällge andere) so über die wahre Herkunft der Vermögenswerte täuscht.
Nur so können im Übrigen die Banken ihren Sorgfaltspflichten nachkommen.
Danke für die sehr interessanten und wertvollen Hinweise. Aber wäre damit der Entscheid des Bundesstrafgerichts nicht doch richtig? Könnte pflichtwidriges Schweigen nicht auch als Tun umgedeutet werden?
Im Ergebnis wohl ja, aber das BStGer ist bei der Begründung zu sehr der BA gefolgt, hat auf das unterlassene Einreichen eines aktualisierten Formulars A als Kernvorwurf abgestellt und hat es dann als Unterlassungsdelikt konstruiert. Dies, obwohl es dann in der Subsumption die Tatvariante der Verwendung einer falschen Urkunde nennt. Aber wie soll man durch Unterlassung eine Urkunde “verwenden”? Spätestens dort hätte man merken sollen, dass man entweder gar keine Tathandlung hat, oder die eigentliche Tathandlung übersehen hat. Das Bundesgericht hat nun einfach gesagt, es ergebe sich aus der Klausel auf dem Formular keine Garantenpflicht. Das ist im ganzen Geldwäschereikontext des Formulars A etwas verblüffend, aber wohl noch vertretbar.
Das Nicht-Aufklären über die Unrichtigkeit eines Formulars A ist aber nicht eine Unterlassung sondern ein – aktives – Einsetzen des schon bei der Bank liegenden, inhaltlich falschen Formulars A. Die zitierte Klausel auf dem Formular A bedeutet nur, dass jedes Schweigen des Kunden ein qualifiziertes Schweigen ist, aus dem die Bank schliessen darf und soll, dass sie sich bei der (ihren Pflichten entsprechend fortlaufenden) Kontrolle der Mittelherkunft auf das bisherige Forumar A stützen soll.
Die Ausführungen des Bundesgerichts, wonach ein Formular A quasi nicht transaktionsnotwendig sei (E. 2.3: “celle-ci n’étant pas nécessaire à la réalisation des opérations”), zeugen von einer krassen mangelnden Sachkenntnis. Selbstverständlich ist ein Formular A transaktionsnotwendig. – Ohne laufende Abklärung der Herkunft von Vermögenswerten macht sich die Bank möglicherweise sogar strafbar.
Es ist nur nicht notwendig – sofern sich nichts geändert hat! – für jede Transaktion das Formular neu einzureichen. Es reicht in diesen Fällen vielmehr, die Bank durch sein qualifiziertes Schweigen auf das bestehende Formular zu verweisen. Und damit direkt, aktiv dieses bestehende Formular A einzusetzen. Verweist man wissentlich und willentlich zu unrecht auf das bestehende Formular A macht man sich strafbar, durch aktives Tun.
An alle Vermögensverwalter und Rechtsanwälte die hier vermeintlich Morgenluft wittern: Das Urteil scheint nur auf den ersten Blick mehr „Spielraum“ zu bringen. Rolf S. liegt mit seiner Meinung richtig.
Hier wurde offensichtlich “falsch” angeklagt (Vorwurf: Unterlassenes Einreichen eines aktualisierten Formulars A im Sinne von Art. 251 i.V.m. Art. 11 StGB, s. Urteil des BStGer Ziff. 2.4). Das BStGer ist alsdann dieser Ansicht gefolgt (möglicherweise aber nur, um den Fall zu retten, da es ohne das Anklageprinzip zu verletzten den Vorwurf nicht in ein aktives Tun hätte umdeuten dürfen[?]). Der Entscheid des BGer kann vor diesem Hintergrund nur als Rüge an die Vorinstanz bzw. die Anklagebehörde für deren realitätsfremde Rechtsauffassung und mangelnde Kenntnis des Bankgeschäfts gedeutet werden und ist nur deshalb „richtig“. Mit dem Entscheid hat sich an der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Formular A Missbrauch nichts geändert.
Noch einmal zur Klarstellung: Mit der Erklärung auf dem Formular A verweist der Vertragspartner der Bank für jede zukünftige Transaktion stillschweigend auf diese einmal abgegebene Deklaration. Diese entfaltet alsdann jeweils von Neuem ihre Wirkung. Das muss Sinn und Zweck der ganzen Übung sein und so geht es auch aus den Musterformularen gemäss Bankiervereingung hervor (am eindeutigsten aus dem Formular R – was aber auch für das Formular A gelten muss: “Ich bin an den JEWEILS eingebuchten Werten nicht selber wirtschaftlich berechtigt […]).“
Das ganze (Formular A) System ist auf dieser Überlegung aufgebaut und kann seine Funktion nur so erfüllen. Das zeigt sich insbesondere daran, dass die Bank grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die Erklärung zu jedem Zeitpunkt der Vertragsbeziehung den wahren Gegebenheiten entspricht. Sie muss erst reagieren, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Deklaration angebracht sind. Hierfür hat sie sich so zu organisieren, dass sie entsprechende Indizien erkennen kann. Das verlangt in der Praxis notwendigerweise, dass sie jede auf einem Konto eines Vertragspartners getätigte Transaktion von neuem an dessen aktuell gültigen Angaben misst (was unter anderem mittels im Hintergrund laufenden elektronischen Kontrollsystemen geschieht). Die Erklärung des Vertragspartners wird entsprechend immer wieder von Neuem abgerufen und entfaltet immer wieder neu seine Wirkung.
Wer also als Vertragspartner der Bank eine Transaktion veranlasst oder duldet, bezüglich welcher die Angaben auf dem Formular A nicht zutreffen, macht sich der Falschbeurkundung durch aktives Tun schuldig.
Eine andere Rechtsauffassung wäre schlicht absurd und mit dem Ziel den Missbrauch von Finanzdienstleistungen zum Zweck der Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung zu verhindern unter keinen Umständen vereinbar.
Für mich steht nach wir vor nicht fest, ob die hier vertretenen und bestens fundierten Meinungen auch diejenige des Bundesgerichts ist. Nur aus Sicht der Bank, nicht aber aus Sicht des Kunden, überzeugt mich die Idee, dass die Erklärung gemäss Formular A durch jede Transaktion als neu abgegeben gelten soll.