Nichtige Verurteilung eines Bundespolizisten

Das Bundesgericht kassiert (in alter Besetzung in der neuen Amtsperiode) die ohne rechtzeitige Ermächtigung erfolgte Verurteilung eines Bundespolizisten, der seine Arbeitgeberin mittels betrogen haben soll (BGE 6B_142/2012 vom 28.02.2013, Publikation in der AS vorgesehen). Die Vorinstanz hatte erst wenige Tage vor der Berufungsverhandlung um Ermächtigung zur Strafverfolgung (Art. 15 VG) ersucht. Die Ermächtigungsverfügung wurde einen Tag vor der Verhandlung erlassen. Das Bundesgericht weist zunächst die Generalstaatsanwaltschaft zurecht, die das Ermächtigungsverfahren als Formalie zu sehen scheint:

Es liegt nicht im Ermessen der kantonalen Strafverfolgungsbehörden, darüber zu entscheiden, in welchen Fällen von der Ermächtigung abgesehen werden kann. Ebenso wenig ist darin eine “reine Formalität” zu erblicken (Vernehmlassung S. 3). Dies gilt zumindest, wenn die Verweigerung einer Ermächtigung durchaus im Raum steht (Art. 15 Abs. 3 VG) [E. 2.3].

Die Rechtsfolgen einer verspäteten Ermächtigung sind umstritten. Das Bundesgericht hält an seiner Rechtsprechung fest …

Es besteht keine Veranlassung, von BGE 110 IV 46 abzuweichen. Dass bei fehlender Ermächtigung der Mangel zu Beginn eines Rechtsmittelverfahrens (bei voller rechtlicher und tatsächlicher Kognition der Rechtsmittelinstanz) in keinem Fall geheilt werden kann, erscheint sachlich nicht gerechtfertigt und übertrieben streng. Gleichwohl ist mit Blick auf den Zweck des Ermächtigungsverfahrens weiterhin zu verlangen, dass die obere Instanz unverzüglich und damit zu Beginn des Rechtsmittelverfahrens tätig wird. Eine noch spätere Ermächtigung, insbesondere unmittelbar vor dem zweitinstanzlichen Erkenntnis, lässt den Schutzgedanken der Bestimmung von Art. 15 VG ins Leere laufen (E. 2.5).

… und schliesst auf Nichtigkeit des vorinstanzlichen Entscheids. Es geht sogar so weit, dass es ein dauernden Prozesshindernis fingiert:

Es stellt sich die Frage, ob die Vorinstanz die fehlende Prozessvoraussetzung nachzuholen und das Rechtsmittelverfahren zu wiederholen hat. Bestätigte die Bundesanwaltschaft in einem solchen Fall ihren Entscheid vom 19. September 2011 respektive erteilte sie erneut die Ermächtigung zur Strafverfolgung, so wäre dieser Entscheid endgültig (Art. 15 Abs. 4 VG). Die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers wären nicht in einem grösseren Ausmass gewahrt. Vielmehr erführe der Beschwerdeführer durch die Wiederholung des Rechtsmittelverfahrens und die damit in aller Regel einhergehende Belastung eine Benachteiligung. Zu berücksichtigen ist, dass dem Beschwerdeführer ein relativ geringer Deliktsbetrag angelastet wird, grundsätzlich von einem leichten Fall im Sinne von Art. 15 Abs. 3 VG auszugehen ist und in Anwendung dieser Bestimmung mit Blick auf die ausgesprochene Kündigung die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafverfolgung gegeben erscheinen. Weiter ist in Rechnung zu stellen, dass die durchgeführte Strafverfolgung und die erstinstanzliche Verurteilung ohne Ermächtigung sowie das Zuwarten der Vorinstanz bis unmittelbar vor der Hauptverhandlung, wenn nicht ein “Fait accompli” geschaffen, so zumindest die Wahrscheinlichkeit einer nachträglichen Ermächtigungserteilung wesentlich erhöht haben. Dies darf dem Beschwerdeführer nicht zum Nachteil gereichen. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang bedeutungslos, wer im konkreten Fall Anzeigeerstatter war. Anzufügen bleibt, dass die Vorinstanz erst wenige Tage vor der Hauptverhandlung das Ermächtigungsverfahren einleitete. Diese Säumnis haben beide gerichtlichen Instanzen und nicht etwa der Beschwerdeführer zu vertreten. Obgleich die erste Instanz vom Mangel Kenntnis hatte, ist nicht ersichtlich, dass sie die Vorinstanz im Rahmen der Aktenüberweisung ausdrücklich auf die fehlende und von Amtes wegen einzuholende Ermächtigung aufmerksam gemacht hat. Hingegen hat sie die fehlende Prozessvoraussetzung in ihrer Urteilsmotivation zur Sprache gebracht. Unter Berücksichtigung der genannten Umstände ist es sachgerecht, von einer nicht nachholbaren Prozessvoraussetzung auszugehen. Der Beschwerdeführer ist so zu stellen, wie wenn ein dauerndes Prozesshindernis bestünde, respektive die fragliche positive Prozessvoraussetzung definitiv nicht erfüllbar wäre. Wie zu entscheiden wäre, wenn kein leichter Fall im Sinne von Art. 15 Abs. 3 VGvorläge, kann offenbleiben (E. 2.6).

Nicht klar ist mir nur, wieso das Bundesgericht zu neuer Entscheidung zurückweist. Der Vorinstanz bleibt ja nur die Einstellung des Verfahrens.