Nichts als die Wahrheit

Unter diesem Titel steht ein Artikel von Markus Hofmann über den “Umgang mit der Lüge im Rechtssystem” im heute erschienenen NZZ Folio. Darin äussern sich verschiedene Strafverfolger, ein Strafverteidiger und eine Richterin dazu, wie sie mit Lügen umgehen. Gemeinsam scheint allen nur eines zu sein: sie wissen alle, wenn sie angelogen werden (und kennen damit selbstredend die “objektive Wahrheit”).

Hier ein paar Zitate aus den Darstellungen mit ein paar eigenen Bemerkungen dazu:

Einer der Ermittler:

Ich betrachte es jeweils als einen Erfolg, wenn ich jemanden zu einem Geständnis bringe. [klar, denn damit ist ja die Wahrheit gefunden. Wer würde schon ein falsches Geständnis abgeben?]

Ein anderer Ermittler (promovierter Jurist):

Was ich nicht mag, sind dumme Lügen. Wenn man zum Beispiel einem Verhafteten das Foto einer Observation zeigt und ihn fragt, wer da drauf zu sehen sei, und allen Anwesenden im Raum klar ist, dass es der Verhaftete selber ist, und dieser dann trotzdem sagt, er kenne diese Person nicht, das schätze ich nicht. [Was ich nicht mag, sind dumme Fragen.]

Ein weiterer Ermittler:

Jeder hat ein Recht auf einen Anwalt. Aber einen Totschläger oder Mörder rauszuholen, das könnte ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. […]. Da bin ich lieber Polizist. [Zum Glück gelingt einem Anwalt sowas nur, wenn die Ermittler ihren Job nicht gemacht haben. Ist das auch Gewissensfrage?]

Der Strafverteidiger:

[…] ich würde [den Fall] auch heute noch übernehmen und auf Freispruch plädieren, selbst wenn ich wüsste, dass der Sohn der Täter ist. [Das ist der Job der Verteidiger und das Rechtssytem sieht vor, dass sie ihn so verstehen und v.a. so ausüben,]

Aber ich nehme es niemandem krumm, wenn er mich anlügt. [Alles andere wäre auch nicht zum Aushalten.]

Die Richterin:

Ich habe Verständnis für die Anwälte. [Endlich!]

Denn Protokolle geben nicht immer das wieder, was der Angeklagte gesagt hat. [Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel.]

Wenn ich merke, jemand lügt mich an, gebe ich ihm das mit meinem Blick zu verstehen. Zu zeigen, dass ich ihn durchschaue, verschafft mir eine gewisse Befriedigung. [Shame, Sie Schlingel Sie!]

Ich versuche mir vorzustellen, was der Verteidiger vor Gericht sagen würde. [und nehme – ob ich will oder nicht – die Gegenposition ein?]

Trotzdem erstaunt es mich immer wieder, wie oft sich der erste Eindruck, den man beim Aktenstudium erhält, am Ende bestätigt. [Also das ginge mir sicher auch so, wenn ich es wäre, der am Ende unfehlbar die Wahrheit feststellen dürfte.]