Nochmals zur Entschädigung bei ungerechtfertigter Haft

Ob bei ungerechtfertigter Haft ein Entschädigungsanspruch besteht ist nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht mehr klar (vgl. dazu meinen früheren Beitrag). Im neusten Urteil (BGer 6B_960/2013 vom 22.05.2014) ist im Ergebnis zu lesen, dass es rechtswidrige Haft eigentlich gar nicht mehr geben kann:

Das Obergericht des Kantons Thurgau stellte im Beschwerdeentscheid vom 7. März 2013 zwar fest, dass die nach der Anklageerhebung angeordnete Sicherheitshaft “rechtswidrig” war. Rechtswidrig sind Zwangsmassnahmen aber nur dann, wenn sie von allem Anfang an ungesetzlich waren. Die blosse Tatsache, dass sie sich im Nachhinein als unberechtigt erweisen, weil die Rechtsmittelinstanz die Voraussetzungen in Ausübung ihres Ermessens anders beurteilt, lässt die Zwangsmassnahme als ungerechtfertigt, nicht aber als rechtswidrig erscheinen.

Weder der Beschwerdeführer noch die Vorinstanz machen geltend, die Sicherheitshaft sei in einem qualifizierten Sinn ungesetzlich angeordnet worden. Es kann deshalb offenbleiben, ob sich in einer derartigen Konstellation allenfalls ein Entschädigungsanspruch unmittelbar gestützt auf Art. 5 Ziff. 5 EMRK ergeben könnte, der von der Regelung in der Strafprozessordnung nicht erfasst wird (E. 2.3).
Merke: Wer Entschädigung oder Genugtuung für ungerechtfertigte Haft geltend macht, der stütze sich auf Art. 5 Ziff. 5 EMRK, auch wenn der Genugtuungsanspruch nach StPO gemäss Lehre angeblich weiter geht als derjenige der EMRK:
Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentzug betroffen ist, hat Anspruch auf Schadensersatz.
Im Moment bedeutet die Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass ein Freigesprochener für ausgestandene Haft nicht mehr entschädigt werden muss.