Nochmals zur vollzugsrechtlichen Sicherheitshaft

Im Fall meines letzten Beitrags publiziert das Bundesgericht heute bereits sein nächstes Urteil, in dem es die spannenden Rügen des Beschwerdeführers förmlich niederbügelt (BGer 1B_486/2018 vom 22.11.2018).

Der Entscheid zeigt u.a. Probleme auf, welche nur deshalb entstanden sind, weil das Bundesgericht der Staatsanwaltschaft eine Haftbeschwerde contra legem gibt und daran festhält. Das kann dann dazu führen, dass die Haft im schriftlichen Beschwerdeverfahren angeordnet wird:

Da es sich im vorliegenden Fall faktisch um eine förmliche Anordnung von Sicherheitshaft durch die Beschwerdeinstanz handelt, liesse sich allerdings die Frage aufwerfen, ob und inwieweit Art. 225 StPO in einer solchen Konstellation sinngemäss heranzuziehen bzw. mitzuberücksichtigen wäre.
Dass die Vorinstanz auf eine weitere mündliche Anhörung verzichtet und ein schriftliches Haftbeschwerdeverfahren durchgeführt hat, hält hier vor dem Bundesrecht stand. Dabei ist insbesondere dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Beschwerdeführer im Haftverfahren bereits zwei Mal von den zuständigen Gerichten mündlich angehört worden ist, nämlich ein erstes Mal am 7. August 2018 durch die Verfahrensleitung des Strafgerichtes (in analoger Anwendung von Art. 224 Abs. 1 i.V.m. Art. 229 Abs. 2 StPO) und ein zweites Mal am 9. August 2018 durch das Zwangsmassnahmengericht (gestützt auf Art. 225 i.V.m. Art. 229 Abs. 3 lit. a StPO). Hätte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer ein drittes Mal – auch noch durch die Vorinstanz – persönlich angehört werden wollen, wäre es ihm durchaus zuzumuten gewesen, eine mündliche Haftverhandlung bei der kantonalen Beschwerdeinstanz rechtzeitig zu beantragen:
Angesichts der gesetzlichen Regelungen (Art. 397 Abs. 1 und Art. 390 Abs. 4-5 StPO) musste der Beschwerdeführer mit einem schriftlichen Beschwerdeverfahren rechnen. Ebenso war ihm der Beschwerdeantrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung von Sicherheitshaft seit Eröffnung des Schriftenwechsels bekannt. Wie sich aus den Haftakten ergibt, hat der Beschwerdeführer in seinen vorinstanzlichen Eingaben vom 14. und 27. August 2018 nicht den Antrag gestellt, er sei auch noch durch die kantonale Haftbeschwerdeinstanz mündlich anzuhören (Art. 390 Abs. 5 StPO). Er hat lediglich ein (schriftliches) Replikrecht verlangt, welches ihm von der Vorinstanz eingeräumt worden ist. Indem der Beschwerdeführer erst nachträglich, im Verfahren vor Bundesgericht, einen Anspruch auf eine mündliche Haftverhandlung vor dem Kantonsgericht reklamiert, hat er den kantonalen Instanzenzug nicht erschöpft (Art. 80 Abs. 1 BGG) und ist er mit diesen unzulässigen prozessualen Noven nicht zu hören (vgl. Art. 99 BGG) [E. 6.4].
Dass die Garantien der EMRK bereits im Haftanordnungsverfahren missachtet werden, spielt keine Rolle, zumal die vollzugsrechtliche Sicherheitshaft ja ohnehin einer gesetzlichen Grundlage entbehrt:
Im vorliegenden Fall geht es um die Anordnung von (vollzugsrechtlicher) Sicherheitshaft nach rechtskräftiger Verurteilung. Aus dem oben Dargelegten folgt, dass Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK (mündliche Haftverhandlung) hier grundsätzlich nicht anwendbar sind (E. 6.3).
Es bleibt dabei: einmal verurteilt tendiert der Rechtsschutz in Haftsachen gegen Null.
Nicht einmal der rechtshilferechtliche Spezialitätsvorbehalt der italienischen Behörden schützte den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall:
Der Vorwurf, die Vorinstanz habe in diesem Zusammenhang ein Hafthindernis (wegen krasser Verletzung des Spezialitätsgrundsatzes oder anderer Bestimmungen des Auslieferungsrechts, vgl. BGE 133 I 234) zu Unrecht verneint, verfängt nicht. Ein Hafthindernis besteht umso weniger, als die Anlasstaten des hängigen Nachverfahrens eine versuchte Tötung und eine versuchte schwere Körperverletzung sind und der Beschwerdeführer einräumt, dass das italienische Justizministerium die Auslieferung wegen solchen Straftaten (“tentato omicidio e lesioni personali gravi”) unter entsprechendem Spezialitätsvorbehalt (Art. 14 EAUe, SR 0.353.1) bewilligt hat.
Auch der Einwand, die italienischen Behörden hätten nicht erkannt, dass die Auslieferung zur Durchführung eines vollzugsrechtlichen (Nach-) Verfahrens erfolgte, schlägt nicht durch (E. 4.3).