Obergericht als Gesetzgeber?

Das Bundesgericht (BGer 6B_327/2012 vom 14.01.2013) pfeifft das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau zurück, die sich auf den Standpunkt gestellt hatten, an der in BGE 110 IV 24 begründeten Rechtsprechung zum Verhältnis zwischen Fiskaldelikten und Betrug könne nicht festgehalten werden. Das Bundesgericht macht es erfrischend kurz:

Die privilegierende Verfolgung von Fiskaldelikten basiert auf einem bewussten Entscheid des Gesetzgebers. Der Gedanke dahinter ist klar (oben E. 1.2.3). Das Bundesgericht ist daran gebunden. Entgegen der Auffassung des Obergerichts ist es den Kantonen im Rahmen von Art. 335 Abs. 2 StGB nicht untersagt, Widerhandlungen gegen das kantonale Steuerrecht anders als mittels blosser Übertretungstatbestände zu ahnden (…) [E. 1.4].

Und der Gedanke dahinter?

Der gesetzgeberische Grund für die mildere Strafdrohung bei Fiskaldelikten liegt wie bei allen Spezialbestimmungen über täuschendes Verhalten in einem Verwaltungsverfahren darin, dass der Täter einer hoheitlich handelnden, mit besonderen Kompetenzen ausgestatteten Behörde gegenübersteht und vielfach vor allem im Bereich des Abgaberechts ex lege dem betreffenden Verfahren unterworfen wird (E. 1.2.3).