Obergrenze der Verbindungsbusse
Das Bundesgericht ergreift die Gelegenheit, die ihm eine vollkommen unverständliche Beschwerde der Staatsanwaltschaft LU verschafft und präzisiert seine Rechtsprechung zur Verbindungsbusse gemäss Art. 42 Abs. 4 StGB zu Gunsten künftig verurteilten Personen (BGE 6B_337/2022 vom 12.07.2023, Publikation in der AS vorgesehen):
In Präzisierung dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, dass die Verbindungsbusse i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB höchstens einen Fünftel bzw. 20 % der in der Summe schuldangemessenen Sanktion – bestehend aus einer bedingt ausgesprochenen Hauptstrafe kombiniert mit einer Verbindungsbusse – betragen darf (E. 1.3.2, Hervorhebungen durch mich).
Im vorliegenden Fall, den die bestimmt völlig überlastete Staatsanwaltschaft LU ans Bundesgericht gezogen hat, wäre auch die neue Rechtsprechung angesichts der Bagatellstrafen ohne jede Bedeutung gewesen. Darum ging es der Beschwerdeführerin auch gar nicht:
Die Beschwerdeführerin zielt indes darauf ab, die der Verbindungsbusse zugrundeliegende (bedingte) Geldstrafe von 19 Tagessätzen Geldstrafe zu Fr. 30.– auf 25 Tagessätze zu Fr. 30.– zu erhöhen
@kj: hier muss ich Ihnen (für einmal) Recht geben: eine StA, die einen solchen Fall vor BGer bringt, kann mit Sicherheit nicht überlastet sein.
@Anonymous: Das ist mir jetzt nicht Recht 😉
Die Worte “Überlastung” oder gar “Überforderung” von Mitarbeitern der schweizerischen Justiz, habe ich nun schon so oft vernommen. Woran liegt es genau? Zuwenig Personal? Zuviele zu behandelnde Dossiers?
Wenn ich an die vielen Zugangshinder-nisse denke (sehr kurze Eingabe- oder Klagefristen, hohe Prozessrisiken und Kosten, geringes juristisches Wissen der Durchschnittsbevölkerung) dann verstehe ich das Jammern von Justiz- und Administrativbehörden nicht wirklich.
Statt an rechtlichen Fragen interessierte Stellen-Bewerber und -Bewerberinnen zigmal mit Absagen oder erhöhten Zugangshindernissen (schon auf der Stufe Jus-Ausbildung an den Universitäten) zu vergraulen, könnte zumindest die personelle Not gelindert werden. Aber den Mut, juristischen Nachwuchs bei Ihrer Karriere zu unterstützen, haben die wenigsten.
Diese “Präzisierung” wundert mich doch. Wenn man diese “Präzisierung” in eine Formel giesst, gelangt man m.E. zu
Verbindungsbusse = (Verbindungsbusse + Gesamtgeldstrafe) / 5
Lösen wir das wiederum nach Verbindungsbusse (i.S.v. maximale Verbindungsbusse) auf, resultiert
Verbindungsbusse = Gesamtgeldstrafe / 4
Somit wäre die Gesamtgeldstrafe durch 4 – eben nicht durch 5 – zu teilen. Das BGer hat in diesem Entscheid, entgegen der eigenen Präzisierung, die Verbindungsbusse gerade nicht eingerechnet.
@J.H.: Stimmt, aber es hat bloss die Beschwerde der Staatsanwaltschaft abgewiesen. Der Verurteilte beschwerte sich nicht.
Diese Beschwerde ist ja absolut unfassbar. Kein Wunder, dass der Ruf der Staatsanwaltschaften bei den Anwälten und Parteien permanent sinkt. Das ist Absurdistan in Reinkultur. Mit Überlastung hat das nichts zu tun, eher mit Unfähigkeit.