Obsolete Zwangsmassnahmengerichte
Das Bundesgericht wird nicht müde, den Zwangsmassnahmengerichten jede richterliche Funktion abzusprechen und sie (wie sich selbst) zu blossen Gehilfen der Strafverfolgung zu degardieren. In zwei aktuellen Entscheiden heisst unser höchstes Gericht die Beschwerden der Bundesanwaltschaft gut, welche mit ihren Entsiegelungsgesuchen vor Bezirksgericht Zürich am Tatverdacht (!) gescheitert war (BGer 1B_563/2022 und BGer 1B_564/2021, beide vom 31.08.2022).
Angefangen hat das Unheil mit einer Passage im Entsiegelungsgesuch der BA, die für sich spricht (die nachfolgenden Zitate stammen aus BGer 1B_563/2022)::
Am Schluss ihres Entsiegelungsgesuches an das ZMG (…) führte die antragstellende Staatsanwältin des Bundes Folgendes aus: “Sollten die eingereichten Unterlagen für eine Gutheissung des Antrages nicht ausreichen, so bitte ich Sie, mir eine Nachfrist zur diesbezüglichen Ergänzung zu gewähren” (E. 4.1).
Das Bezirksgericht hatte dafür – m.E. völlig zu Recht – kein Verständnis:
Dem Grundsatz der Gewaltentrennung folgend, dürfe es “nicht Aufgabe des ZMG sein, der Strafverfolgungsbehörde entsprechend Hilfestellung zu bieten und sie insbesondere darauf hinzuweisen, inwiefern sie ihr Gesuch zu verbessern hat, damit dieses (doch noch) gutgeheissen werden kann”. In Ihrem Entsiegelungsgesuch (Seite 9 letzte Zeile) habe die BA dies aber fälschlich angenommen (E. 2.1).
Doch nun fährt ihm das Bundesgericht in die Parade:
Nach den eigenen Feststellungen der Vorinstanz hat sie die BA nicht eingeladen, irgendwelche Akten nachzureichen oder anderweitig den Tatverdacht noch näher zu begründen. Ein solches Vorgehen hätte sich für das ZMG aber umso mehr aufgedrängt, als die BA im Entsiegelungsgesuch ausdrücklich beantragt hatte, das ZMG solle sie informieren bzw. nötigenfalls “eine Nachfrist zur diesbezüglichen Ergänzung” ansetzen, falls es die Ansicht vertreten würde, dass die eingereichten Beilagen 1-6 für eine Gutheissung des Entsiegelungsgesuches nicht ausreichten (E. 4.3).
Die Erwägung stellt alles auf den Kopf, was ich einmal gelernt (aber offenbar nie verstanden) habe. Und dann schreibt das Bundesgericht dem Bezirksgericht zur Sicherheit auch gleich noch vor, wie es im Neubeurteilungsverfahren vorzugehen hat:
Dabei wird das ZMG die BA einzuladen haben, die von ihm noch als erforderlich erachteten Akten einzureichen bzw. den im Entsiegelungsgesuch dargelegten Tatverdacht nötigenfalls noch näher zu konkretisieren. Da die BA unterdessen auch ausreichend Gelegenheit hatte für erste Einvernahmen des privaten Beschwerdegegners als beschuldigte Person, dürften die von ihr genannten Gründe für eine vorläufige Beschränkung der Akteneinsicht im frühen Zeitpunkt des Entsiegelungsgesuches aktuell dahingefallen sein. Im Rahmen der Prüfung des hinreichenden Tatverdachtes stünde es der Vorinstanz nötigenfalls auch frei, Einblick in die gesiegelten Aufzeichnungen und Unterlagen zu nehmen, namentlich in die Gründungsurkunde der involvierten Gesellschaft (E. 5, Hervorhebungen durch mich).
Ich hätte da ja die eine oder andere Idee, wie sich die BA die Gründungsurkunde legal, einfach und rasch beschaffen könnte. Aber anders als das Bundesgericht arbeite ich nicht für die BA.
Darf das die Verteidigung auch? Es wäre interessant zu sehen, wie das ZMG und das Bundesgericht auf einen solchen Antrag der Verteidiung reagieren würde.
Der schweizer „Rechtstaat“ ist eine schande und beweisst es immer wieder aufs neue.
Verstehe ich das richtig?
Das BGer schreibt dem BezGer ZH vor, es habe der BA Einsicht in gesiegelte Unterlagen zu gewähren, damit dieses einen Tatverdacht besser begründen kann, damit anhand dieser Begründung über eine Entsiegelung entschieden werden könne?
Falls ich das richtig verstehe, ist das ein Zirkelbezug und macht jegliche Siegelung damit nutzlos.
Um es kurz zu machen: allen Vernebelungen zum Trotz geht es hier letztlich um die einfache Frage, ob eine ausführliche, plausible Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwaltschaft zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts genügen soll, oder ob man davon ausgeht, dass diese im Zweifel alles frei erfunden hat. Glücklicherweise gibt es noch das Bundesgericht, welches derartige ZMG’s ab und zu wieder mal in ihre wohlverdienten Schranken weist und nicht noch zusätzliche Hürden schafft.
Natürlich in der Welt des Polizeistaates ist eine Gutheissungsquote von 97% nicht genügend, da muss man wohl die ZMGs ab und an in die Schranken weisen…..
Ich wünsche Ihnen nichts mehr als das Sie völlig unverschuldet mal in ein Strafverfahren gezogen werden, mit U-Haft am besten auch für Ihre Frau und das alles vor Ihren Kindern, nichts weniger hätten Sie von Herzen verdient
Nein das vestehen Sie nicht richtig. Vorinstanz=ZMG
Zur Info:
Bezirksgericht Zürich
Zwangsmassnahmengericht
Güterstrasse 33
Postfach
8010 Zürich
Danke Anonymous für die Klarstellung.
pk ist wieder so ein typisches Beispiel:
Widerspricht mir und behauptet, ich hätte es nicht verstanden.
Nur weil ich ZMG durch BezGer ZH ersetzt habe. Dabei steht am Anfang des Textes, dass es ums BezGer ZH geht.
Also derjenige, der sagt, ich hätte es nicht verstanden, hat nicht mal meine Aussage verstanden.
Das erinnert mich an die Geschichte mit meinem mitte 60-Nachbarn, der betrunken war und auf meine Türe schlug, bis ich die Polizei rief.
Nach dem die Polizisten den Sachverhalt notiert hatten, ging es so weiter:
Ich wohnte im 3.Stock und die Hausnummer war 16. Es war in der Stadt Zürich.
Nachbar 1 = besoffener Nachbar
Nachbar 2 = kam dazu und mag mich sowieso nicht
Polizist zu mir: Wie ist Ihre Wohnungsnummer?
Ich: Das weiss ich gerade nicht, das steht wohl im Mietvertrag.
Nachbar 1: HA, da sehen Sie, wie dumm der ist. Der weiss nicht mal, wo er wohnt.
Polizist zu Nachbar 1: Wie ist denn Ihre Wohnungsnummer?
Nachbar 1: Ja das ist die 16, ist ja klar.
Polizist zu Nachbar 2: Und wie ist Ihre Wohnungsnummer?
Nachbar 2: Isch Nummär sechsehn, wie er hat gesagt.
Die Moral der G’schicht? Nachbar 1 nannte mich dumm, weil ich angeblich nicht wisse, wo ich wohne.
Aber von 3 Bewohnern war ich der Einzige, der überhaupt die Frage des Polizeibeamten richtig verstand (nämlich die interne Wohnungsnummer, nicht die Hausnummer).
Aber Nachbar 1 lachte mich als dumm aus, weil ich die Antwort nicht wusste, während er nicht mal die Frage verstanden.
Genau so ist es hier mit pk.
@Vierte Gewalt (leider kann ich nicht direkt auf Ihren Beitrag antworten)
1. Es ist PF, nicht PK…
2. Sie haben es immer noch nicht verstanden, aber für Sie nochmals ganz langsam: ZMG=Vorinstanz=BezGer
DIESES (und nicht die BA!!) könne (zur Prüfung und Begründung des Tatverdachts) Einsicht in die gesiegelten Akten nehmen bzw. stehe es ihr frei.
Das BGer schreibt dem ZMG lediglich vor, die BA aufzufordern, den Tatverdacht entsprechend eingehender zu begründen (ohne Einsicht in die gesiegelten Akten zu erhalten!). Ich hoffe Sie haben es jetzt verstanden…
Es ist doch nach wie vor völlig absurd….
Wurde jemals ein Gericht angewiesen das ein Opfer seine Strafanzeige besser begründen solle damit man doch noch eintretek kann ?
Wurde jemals einem Beschuldigten vom ZMG Mitgeteilt er solle doch seine Eingabe novh etwas verbessern damit man das Entsiegelungsbegehren der Staatsanwaltschaft ablehnen kann
Und so etwas nennt sich ein faires Verfahren mit amgeblich unparteiischen….
@Jphn
Klar, ob der Entscheid richtig ist, kann man hinterfragen. Was hier jedoch von der vierten Gewalt verzapft wird, basiert einfach auf falscher Annahme. Demzufolge lediglich diesbezüglich eine Richtigstellung meinerseits.
Idealerweise werden ausführungen zu tatsachen auch gleich mit dem entsprechenden aktenstück belegt. Sollte das nicht gemacht werden, aus den ausführungen aber hervorgehen, dass es dieses aktenstück höchstwahrscheinlich tatsächlich gibt (wenn z.b. ein konkreter strafbefehl erwähnt wird), dann finde ich es geboten und jedenfalls nicht falsch, wenn die behörde (hier das zmg) verpflichtet wird, diese akten nach zu edieren, sofern diese behörde das vorliegen des betreffenden aktenstücks tatsächlich als notwendig erachtet.