Obsoletes Siegelungsverfahren

In einem Strafverfahren hat die zuständige Staatsanwaltschaft den Internetprovider eines Beschuldigten aufgefordert, dessen gesamten E-Mail-Korrespondenz herauszugeben. Dieser Aufforderung kam der Provider nach, worauf der Beschuldigte die Siegelung einzelner Mails verlangte. Auf das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft trat das Zwanngsmassnahmengericht nicht ein. Es befand,

es dürfe nur über die Entsiegelung entscheiden, nachdem die entsprechenden Aufzeichnungen auf Antrag der berechtigten Person durch die Strafbehörden versiegelt worden seien. Im vorliegenden Fall sei die Rechtzeitigkeit des Siegelungsantrags bzw. die Rechtmässigkeit der Siegelung fraglich. Die Staatsanwaltschaft habe X. dazu eine beschwerdefähige Verfügung zukommen zu lassen. Erst wenn über die Frage der Siegelung rechtskräftig entschieden worden sei, könne das Zwangsmassnahmengericht über eine Entsiegelung entscheiden.

Dagegen beschwerte sich die Staatsanwaltschaft beim Bundesgericht, das auf die Beschwerde gegen den Zwischenentscheid mangels Rechtsnachteils nicht eintreten konnte (BGer 1B_239/2013 vom 12.11.2013). Dann fügt das Bundesgericht aber eine Erwägung 2 an, die verwirrlich erscheint:

Die Vorinstanz vertritt in der Vernehmlassung die Auffassung, die Siegelung sei nichtig, da die Beschwerdeführerin die in Frage stehenden Aufzeichnungen bereits ausgewertet habe.

Nach der Rechtsprechung sind fehlerhafte Entscheide nichtig, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel einer Entscheidung führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht. Die Nichtigkeit eines Entscheids ist von sämtlichen rechtsanwendenden Behörden jederzeit von Amtes wegen zu beachten (BGE 138 II 501 E. 3.1 S. 503 mit Hinweisen).

Die Beschwerdeführerin stellte am 12. Juni 2013 dem Beschwerdegegner auf dessen Verlangen hin Kopien sämtlicher E-Mails zu, die für das Strafverfahren bedeutsam sein konnten. Sie sonderte vorher sämtliche Spam-Mails und ein E-Mail aus, das der Verteidiger dem Beschwerdegegner geschickt hatte. Wie sich aus der Beschwerde (…) ergibt, hat die Beschwerdeführerin insoweit offenbar die Mails nicht im Detail ausgewertet, sondern grob gesichtet. Dies ist in einem Fall wie hier, wo eine grosse Zahl von Aufzeichnungen (6’000) beschlagnahmt wurde, zulässig (…).
Der Siegelung haftet somit kein besonders schwerer und offensichtlicher Mangel an. Sie ist nicht nichtig (E. 2).
Was mit dieser Erwägung 2 gewonnen ist, ist mir ein Rätsel. Ist die Siegelung denn wirklich ein Entscheid, der auf seine Gültigkeit hin zu untersuchen ist? Ebenso rätselhaft ist, wie man E-Mails, darunter immerhin solche des Verteidigers, grob sichten kann, ohne das Berufsgeheimnis zu verletzten. Klar ist eigentlich nur, dass Siegelungen schlicht keinen Sinn mehr machen, wenn die Staatsanwaltschaft dennoch durchsuchen darf, wenn auch nur grob. Bezeichnenderweise verzichtet der Entscheid darauf, auch nur eine einzige StPO-Norm zu nennen.