Ohne Anklage verurteilt oder: zulässige Alternativanklage
Obwohl ihm die entsprechenden Tat nicht direkt vorgeworfen worden waren, wurde ein Beschuldigter wegen (mttäterschaftlich begangener mehrfach versuchter schwerer und einfacher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Vor Bundesgericht machte er u.a. eine Verletzung des Anklageprinzips bzw. des Immutabliltätsprinzips geltend, blieb mit seiner Beschwerde in diesem Punkt aber erfolglos (BGer 6B_45/2013 vom 18.07.2013).
Das Bundesgericht stützt seinen Entscheid auf die Zulässigkeit der Altenativanklage (Art. 325 Abs. 2 StPO). Zudem sei die Zurechnung der möglicherweise nicht persönlichen Tat über das Institut der Mittäterschaft zu konstruieren:
Dass die Anklageschrift offen lässt, welcher der drei Beschuldigten den K.o.-Schlag/Tritt ausgeführt hat, ist unerheblich. Sie schildert, dass der Beschwerdeführer (auch) den zweiten Angriff gemeinsam und im Zusammenwirken mit seinem Bruder B.X. und C. durchgeführt hat. D. sei hierbei nach einem wuchtigen Schlag oder Fusstritt gegen den Kopf, wobei nicht mehr exakt rekonstruierbar sei, welcher der “Angeklagten” ihn erteilt habe, zu Boden gesackt, mit dem Hinterkopf aufgeschlagen und habe das Bewusstsein verloren. Die Sachverhaltsschilderung beinhaltet die Möglichkeit, dass jeder der drei Beschuldigten den Schlag oder Tritt ausgeführt haben könnte und wirft somit jedem einzelnen von ihnen – wenn auch alternativ – vor, möglicher Täter zu sein. Eine Alternativanklage ist gemäss Art. 325 Abs. 2 StPO zulässig. Der Beschwerdeführer musste demnach damit rechnen, dass die Vorinstanz nach Durchführung des gerichtlichen Beweisverfahrens (Art. 341 ff. StPO i.V.m. Art. 350 Abs. 2 StPO und Art. 10 Abs. 2 StPO) als erwiesen erachtet, er sei es gewesen, der D. K.o. geschlagen oder getreten habe. Die Vorinstanz geht insoweit nicht über den in der Anklageschrift formulierten Anklagevorwurf hinaus (Art. 350 Abs. 1 StPO). Zudem ist nicht ersichtlich, inwiefern ihm die zu seiner Verteidigung erforderlichen tatsächlichen Angaben in Bezug auf den Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung vorenthalten worden sein sollen oder sich die Zurechnung auf den Schuldspruch ausgewirkt haben soll. Denn selbst wenn er den Schlag oder Tritt nicht ausgeführt haben sollte, müsste er sich diesen im Rahmen der Mittäterschaft zurechnen lassen (vgl. Urteil 6B_473/2012 vom 21. Februar 2013 E. 1.5) [E. 2.3, Hervorhebungen durch mich].
Ich bin dezidiert der Meinung, dass die Anklage in einem solchen Fall beiden vorwerfen muss, den fraglichen Schlag oder Tritt persönlich ausgeführt zu haben. Tut sie das nicht, geht das Urteil entgegen der bundesgerichtlichen Auffassung doch notwendigerweise über die Anklage hinaus. Alternativ kann die Anklage dann ja noch Mittäterschaft geltend gemacht, wobei hier Sachverhaltselemente zu behaupten sind, die auf Mittäterschaft schliessen lassen. Vielleicht könnte man dem Bundesgericht im vorliegenden Fall leichter folgen, wenn man den Wortlaut der Anklage kennen würde.