Opfermitverantwortung

In einem zur Publikation in der AS vorgesehenen neuen Entscheid klärt das Bundesgericht einen weiteren Aspekt der Arglist bzw. der Opfermitverantwortung (BGE 6B_184/2017 vom 19.07.2017).

Zu prüfen war, ob ein täuschendes Handeln auch durch  vorangegangenes Verhalten des Opfers in den Hintergrund gedrängt werden kann. Die Begründung des Bundesgericht leuchtet mir bis jetzt nicht ganz ein:

Dies ist schon deswegen zu verneinen, weil das potentielle Opfer die Chance haben muss, seine prekäre – auf betrügerische Täuschungen anfällige – Situation, in die es sich selber einmal gebracht hat, bei späterer Gelegenheit zu korrigieren, und sei es auch nur im Ergebnis, ohne sich der eigenen vorangegangenen Unvorsichtigkeit bewusst geworden zu sein. Hier hat der Versicherer den Betrugsversuch nach Feststellung der Vorinstanz denn auch durch “umsichtiges Verhalten” abgewehrt. Hinzu kommt, dass eine Leichtfertigkeit, die der Täter nachträglich zur Täuschung ausnutzt, dessen Beitrag zum deliktischen Erfolg nicht relativiert. Im Gegenteil: Der in der Täuschung liegende Handlungsunwert ist besonders gross, weil der Täter die exponierte Situation des Betroffenen gezielt angreift (E. 1.4.2).

Das Bundesgericht schiebt dann noch eine dogmatische Begründung nach, die mir aber ebenfalls nicht zwingend erscheint:

Die Selbstverantwortung des Opfers gründet daher immer in der ungenügenden Abwehr eines  gegenwärtigen täuschenden Handelns. Sie setzt die Täuschung voraus, verhält sich also akzessorisch dazu (E. 1.4.3).