Parteientschädigung als Strafe?
Das Bundesgericht spricht einem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 3,000.00 zu, obwohl seine Beschwerde nicht besonders aufwändig gewesen sein dürfte. Jedenfalls qualifiziert das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid ohne Weiteres als willkürlich (BGer 6B_549/2009 vom 12.02.2010):
Dès lors que le tribunal d’accusation pouvait manifestement reconnaître qu’il se trouvait saisi d’un recours et comprendre à quoi celui-ci tendait, sa décision d’irrecevabilité pour le motif que le recourant n’a pris aucune conclusion et n’a motivé ni son recours, ni sa demande de réouverture d’enquête, est en contradiction manifeste avec la situation effective et procède d’une application arbitraire du droit cantonal. Le recours se révèle bien fondé (E. 1.4).
Die Höhe der zugesprochenen Entschädigung begründet das Bundesgericht wie üblich nicht. Es scheint aber so zu sein, dass die Höhe der Parteientschädigung auch von der Qualität des angefochtenen Urteils abhängig ist und damit den unterlegenen Kanton “bestraft”. Das ist aber nur ein persönlicher Eindruck, den ich jedenfalls auf die Schnelle nicht belegen kann. Ob die so in die Zahlungspflicht genommenen Kantone auf die verantwortlichen Richter regressieren, denen immerhin Willkür vorgeworfen wird, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Ein solcher Fall ist mir aber immerhin bekannt.
Dass der Kanton auf den Richter regressiert? Hemm…. das scheint mir etwas problematisch zu sein. Immerhin nimm die Justiz auch Fehlentscheide in Kauf.
@Hayki: Ja, die Justiz Fehlentscheide in Kauf. Fehlentscheid ist ja ober wohl nicht gleich Fehlentscheid. Wenn ich mir die Formel des Bundesgerichts zur Willkür vor Augen führe, kann ich mir sehr wohl vorstellen, dass sich in Ausnahmefällen auch mal Staatshaftungsfragen stellen können. Und wieso eigentlich nicht? Wenn die Justiz etwa zu Fragen der beruflichen Sorgfaltspflichten anderer Berufsgattungen wie Anwälten, Ärzten oder Treuhändern und damit deren Haftpflicht Stellung nehmen muss, legt sie doch auch einen zu Recht strengen Massstab an. Wieso soll ein Richter, der einen willkürlichen Entscheid zu verantworten hat, nicht für den daraus entstehenden Schaden haften? Damit ist ja noch lange nicht gesagt, dass sowas klug wäre, aber für diskussionswürdig halte ich es durchaus.
Finde die Idee auch nicht schlecht, andere (Staats)Angestellte haften ja auch – und wenn der Lohn hoch genug ist muss man sowas halt in Kauf nehmen. Im Übrigen urteilen vor oberer Instanz ja meistens mehrere Richter/innen gemeinsam – und dann können sie sich die Kosten teilen. Nur will sich im Kanton wohl niemand die Finger verbrennen mit der Idee die Richter/innen bzw. Parteikollegen/innen in die Pflicht zu nehmen (im Kanton Solothurn ist ja gemäss Verwantwortflichkeitsgesetz bei Oberrichter/innen der Kantonsrat zuständig). Ich sehe da zudem noch ein (anderes) Problem: man hört oft, dass das Bundesgericht gelegentliich unberechenbar ist und die Urteile an Willkür grenzen (oder sehen das nur die Anwälte/innen so?) – und dann wäre eine Staatshaftung wohl etwas unfair.
@Malo: Da stimmt wohl etwas mit dem Organisationsrecht nicht ganz. Gegen die vom Volk direkt gewählten Richter kann der Regierungsrat das Verfahren einleiten, für die “nur” vom Kantonsrat gewählten der Kantonsrat selbst. Das kann nicht richtig sein und mag ein Grund sein, warum es solche Verfahren kaum gibt.
Zur bundesgerichtlichen Willkür: die gibt es nicht, weil es kein Gericht gibt, sie festzustellen. Die letzte Instanz ist immer und zwingend unfehlbar. Insofern bestehen spannende Parallelen zwischen Justiz und Religion.