Parteistellung des Aktionärs der geschädigten AG
Nach einem heute publizierten Urteil des Bundesgericht, kann nun plötzlich auch der Aktionär der geschädigten Gesellschaft Parteistellung als geschädigte Person beanspruchen (BGer 1B_169/2021 vom 28.04.2022):
Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurde am 30. Januar 2018 über die betroffene Gesellschaft der Konkurs eröffnet. Am 27. September 2019 wurde sie im Handelsregister gelöscht. Bis zur Liquidation war der Beschwerdeführer Minderheitsaktionär der mutmasslich geschädigten Gesellschaft (…). Am 8. November 2018 erhob der Beschwerdeführer gegen die verantwortlichen Organe Strafklage wegen Betruges, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsbesorgung. Bei dieser Sachlage erscheint es im vorliegenden Fall überspitzt formalistisch, die Geschädigtenstellung des Beschwerdeführers als Aktionär der mutmasslich geschädigten und liquidierten Gesellschaft zu verneinen. Dies gilt umso mehr, als aufgrund der vorliegenden Akten und der nachvollziehbaren Darlegungen des Privatklägers der hinreichende Verdacht besteht, dass die untersuchte ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil der Gesellschaft innert kurzer Zeit und kausal zu deren Konkurs führte, woraus dem Beschwerdeführer ein Totalverlust seines Gesellschaftsanteils entstanden sei. Darüber hinaus legt die Vorinstanz nicht dar, wie in der hängigen Strafuntersuchung sachgerecht vorzugehen wäre bzw. welchen prozessualen Sinn eine Beschränkung der Parteistellung auf rechtliche Subsumtionen macht, wenn konnexe wirtschaftsstrafrechtliche Sachverhalte zu untersuchen und dem Beschwerdeführer betreffend Betrug und Urkundenfälschung ohnehin die Parteirechte zu gewähren sind (E. 3.3, Hervorhebungen durch mich).
Das macht den Aktionär doch nicht zum unmittelbar Geschädigten nach Art. 115 Abs. 1 StPO. Natürlich ist zu anerkennen, dass hier im Hinblick auf die anderen Tatbestände (Betrug, Konkursdelikte) eine Parteistellung zu bejahen war. Das macht den Beschwerdeführer aber noch lange nicht zum Geschädigten der ungetreuen Geschäftsbesorgung. Die Beschränkung der Parteistellung macht sehr wohl Sinn, etwa im Hinblick auf den Adhäsionsprozess, und ist in der Praxis nichts, das jemals prozessuale Probleme verursacht hätte. Hier weicht das Bundesgericht wieder einmal ohne Not und ohne vertiefte Auseinandersetzung von allem ab, was bisher galt.
Ich glaube verstanden zu haben:
1. Bei Rückweisungsentscheidungen betr. aufgehobene Einstellungsverfügungen gibt es für Privatkläger keine Beschwer, da dies ein Zwischenentscheid ist. Anders nur, wenn ein unmittelbarer drohender, nicht wiedergutzumachender Nachteil droht. Nix Neues.
2. Bei einer infolge Konkurses gelöschten AG kann der bloss mittelbar geschädigte Aktionär Privatklägerstellung erlangen. Das wird in einigen Kantonen schon so gehandhabt. Vom Bger. so aber neu für mich. (Aber man kann sich ja irren..)
3. Beim Alten bleibt es in solchen Konstellationen bezüglich der Zivilklägerstellung. Diese kann die konkursite AG ihren Aktionären nichtvererben. Das führt weiterhin zu kostspielen Verfahren (Nachkonkurs wegen neu aufgetauchten Vermögens). Aber nur so ist der Gläubigerschutz zu gewährleisten.
4. Was jetzt der arme Staatsanwalt in BS tun soll bezüglich der eigentlich eingestellten Verfahren betreffend Delikte zum Nachteil der Gesellschaft, erschliesst sich mir nicht. Aktionär ist zwar Privatkläger auch bezüglich dieser Delikte, aber die Einstellung wurde nicht aufgehoben. Hier würde ich als Rechtsvertreter das Bger. um Erläuterung des Entscheides ersuchen. Beantragt war ja die Anordnung der Weiterführung der Strafuntersuchung bezüglich aller Vorwürfe. Darüber geht das Bger. recht nonchalant hinweg.