Pflichtverletzung durch Verzicht auf Replik

Warum ein Staatsanwalt nach seinem Plädoyer trotz Genehmigung seines Vorgesetzten nicht in die Ferien sollte, ist einem Entscheid des Bundesgerichts (BGer 8C_417/2010 vom 06.09.2010) zu entnehmen:

Der Regierungsrat nahm an, die vorgeworfenen Pflichtverletzungen hätten eine (zumindest abstrakte) Gefährdung des staatlichen Strafanspruchs bewirkt. Ausserdem hätten sie dem Ansehen der solothurnischen Justiz geschadet; es bestehe ein öffentliches Interesse, dass die im Strafwesen tätigen Akteure, namentlich wenn sie in einer öffentlichen Hauptverhandlung aufträten, durch möglichst korrektes Verhalten dafür sorgten, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Strafbehörden gewahrt bleibe (Bericht der DUK vom 18. März 2009, E. 4.3.4). Es trifft zu, wie der Beschwerdeführer einwendet, dass die Vorinstanz die Pflicht, im vorliegenden Fall bis zum Schluss an der Hauptverhandlung teilzunehmen, nicht mit der – abstrakten oder konkreten – Gefährdung des staatlichen Strafanspruchs begründete. Vielmehr führt sie aus, auch wenn die Positionen der Verteidigung weitgehend bekannt gewesen seien, hätte erst nach Anhören der Plädoyers entschieden werden können, ob Anlass zu einer Replik bestanden hätte. Dies sei nicht nur dann der Fall, wenn seitens der Verteidigung Noven vorgebracht würden, sondern etwa auch, um grobe Verzerrungen richtigzustellen. Dabei gehe es u.a. darum, dass nur durch den mündlichen Vortrag die Öffentlichkeit, welche die Akten nicht kenne, kein falsches Bild erhielte. Die Vorinstanz hat mit dieser Begründungslinie im Vergleich zum Beschluss des Regierungsrats das Gewicht verstärkt auf den Aspekt gelegt, dass die konsequente Anklagevertretung bis zum Schluss insbesondere notwendig sei, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Verfahren zu gewährleisten (E. 7.5.4, Hervorhebungen durch mich).

Der Entscheid des Bundesgerichts ist nicht zu kritisieren, zumal die I. sozialrechtliche Abteilung im Wesentlichen auf Willkürkognition beschränkt war. Nicht so sicher bin ich, ob der ursprünglich angefochtene Entscheid richtig war. Natürlich dürfte man die Anhörung der Plädoyers der Verteidiger und allenfalls eine Replik erwarten. Aber ob es eine Dienstpflichtverletzung ist, wenn man vom Gericht und vom Vorgesetzten dispensiert wird, erscheint mir als etwas streng. Als Verteidiger im besagten Strafverfahren empfand ich die Absenz als ungeschickte Einladung zu (weiterer) medialer Kritik, aber jedenfalls nicht als Vorteil.