Polizeibefragung mit Sack über dem Kopf
Nein, ich berichte hier nicht über einen Prozess im Anschluss an den Abu Ghraib-Skandal im Irak, sondern über einen Fall aus dem Kanton AR, den das Bundesgericht in 1P.469/2006 vom 08.09.2006 zu beurteilen hatte:
Nach einem Banküberfall wurden zwei Tatverdächtige X. und Y. festgenommen. Der Verdacht gegen Y. stellte sich als unbegründet heraus. Die Anwältin von Y. reichte Strafanzeige gegen unbekannte Täterschaft wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs ein. Was damit geschah, lässt sich dem Entscheid des Bundesgerichts nicht entnehmen. Nicht zu entnehmen ist dem Entscheid ferner, ob sich der Verdacht gegen X. erhärtet hat.
Jedenfalls reichte X. im April 2006 ebenfalls eine Strafanzeige gegen unbekannt ein. Darin beanstandete er,
dass ihm Handschellen und Fussfesseln angelegt sowie zwei Kopfkissenbezüge über den Kopf gezogen und die Sicht genommen worden seien. So sei er vorerst nach Herisau transportiert, dort befragt und später nach Trogen überführt worden. Erst in Trogen sei er losgebunden und seien ihm die Kissenbezüge abgezogen worden.
Das Strafverfahren wurde eingestellt. Die Vorinstanz (Staatsanwaltschaft AR) begründete ihren Entscheid damit,
dass die Polizei bei ihren Aktionen von einer gewaltbereiten Täterschaft ausgegangen sei, welche am gleichen Tag einen bewaffneten Raubüberfall verübt habe. Ausserdem habe der konkrete Verdacht bestanden, dass Y. [also nicht der Beschwerdeführer X.!], der als Gewalttäter bekannt gewesen sei, als Täter in Frage komme und besondere Vorsicht zum Schutz der Polizeibeamten und von Dritten nötig sei. Wenn daher die Polizei beschlossen habe, die Verhaftung mit einem konsequenten Vorgehen ohne Risiko durchzuführen, den Betroffenen keinerlei Gelegenheit zur Flucht zu geben und mit geeigneten Massnahmen das Risiko einer Gefährdung der Beamten möglichst klein zu halten, so sei dies nicht zu beanstanden. Zu diesen Massnahmen gehöre auch, dass während der ersten Phase einer Festnahme ein Sichtschutz erstellt werde, der Verdächtige also keine Möglichkeit habe, die Polizisten zu identifizieren, aber auch in seiner Handlungsfreiheit eingeschränkt sei (E. 2).
Diese Begründung schützte das Bundesgericht:
Unter den beschriebenen Verhältnissen erscheint das Vorgehen der Polizeibeamten wohl als konsequent und hart, nicht aber als unverhältnismässig. Die Rüge der Verletzung der angerufenen verfassungs- und konventionsmässigen Rechte wird vom Beschwerdeführer somit zu Unrecht erhoben (E. 2).
Rechtlich steht damit natürlich nicht fest, dass solche Befragungsmethoden grundsätzlich legal seien. Das Problem liegt aber darin, dass sie durch solche Entscheide faktisch legalisiert werden, weil man nicht mit Aussicht auf Erfolg dagegen vorgehen kann. Apropos: die unentgeltliche Rechtspflege wurde X. wegen offensichtlicher Aussichtslosigkeit seiner Beschwerde nicht gewährt.