Polizeigewalt im Kanton Schwyz

Das Bundesgericht heisst die Laienbeschwerde eines Mannes teilweise gut. der behauptet, Opfer unverhältnismässiger Polizeigewalt geworden zu sein (BGer 6B_979/2016 vom 20.02.2017).

Anlass des Polizeieinsatzes war die Zuführung zum Betreibungsamt in einer Betreibung über CHF 66.00. Das Bundesgericht weist die Einstellungsbegründung des Kantonsgerichts in mehreren Punkten klar und deutlich zurück:

2.3.2. Der Vorinstanz kann hingegen nicht gefolgt werden, wenn sie erwägt, auch die konkrete Durchführung des Polizeieinsatzes sei klarerweise recht- und verhältnismässig gewesen. So ist aufgrund ihrer eigenen Erwägungen bereits fraglich, ob die Fesselung des Beschwerdeführers erforderlich war. Wie sie selber ausführt, hat er allenfalls lautstark protestiert und mit den Händen gestikuliert, was er bestreitet. Körperlich attackiert hat er aber unbestrittenermassen niemanden. Der Beschwerdeführer wendet zudem zu Recht ein, dass er weder ein Krimineller, noch als gewalttätig bekannt war und dass es lediglich um eine offene Forderung von Fr. 66.– ging. Eine gewaltsame Fesselung erscheint unter diesen Umständen nicht ohne Weiteres gerechtfertigt und wäre seitens der Vorinstanz näher zu begründen. Aufgrund von deren Ausführungen ist ferner unklar, ob vor der Fesselung tatsächlich eine längere Diskussion stattgefunden hat. Demnach konnte sich jedenfalls einer der einvernommenen Beamten nicht an eine solche erinnern. Zwar scheint der Einsatzleiter etwas Anderes zu behaupten. Die Würdigung dieser unterschiedlichen Beteiligtenaussagen obliegt indes grundsätzlich dem urteilenden Sachgericht (oben E. 2.2.1). Soweit die Vorinstanz erwägt, es sei davon auszugehen, dass die Polizisten den Beschwerdeführer vor Ausübung unmittelbaren Zwangs gewarnt und ihn zu normalem Verhalten aufgefordert hätten, moniert er zudem zu Recht, dass sie dies nicht begründet. Sie bezieht sich dabei namentlich nicht auf Aussagen der Beamten oder von Zeugen. Sie legt auch nicht dar, welche Anzeichen für eine Selbstgefährdung bestanden haben sollen, die eine Fesselung zum Schutz des Beschwerdeführers als gerechtfertigt hätten erscheinen lassen. Er rügt daher in diesem Zusammenhang zu Recht eine Verletzung der Begründungspflicht.

2.3.3. Der Beschwerdeführer kritisiert sodann zu Recht, dass sich die Vorinstanz zur Frage, ob seine Fesselung auch während des Transports und der längeren ärztlichen Untersuchung bis zur Anordnung der fürsorgerischen Unterbringung recht- und verhältnismässig war, gar nicht äussert. Sie kommt ihrer Begründungspflicht auch insoweit nicht nach. Aufgrund der vorinstanzlichen Auslassungen lässt sich namentlich nicht schlüssig beurteilen, ob sich der Beschwerdeführer nach der Arretierung renitent verhalten hat, was die Fesselung allenfalls rechtfertigen könnte. Dem Konsiliarbericht des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Kantons Schwyz (nachfolgend: SPD) vom 21. September 2012 ist jedenfalls zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer gemäss den Behandlern des Spitals Lachen während der Untersuchung passiv war und keine Gegenwehr leistete (Ordner 1, act. 8.5.01). Auch die Aussagen des polizeilichen Einsatzleiters lassen zu diesem Zeitpunkt nicht auf eine Selbst- oder Fremdgefährlichkeit schliessen. Es ist daher fraglich, ob die Fesselung an beiden Händen während der gesamten ärztlichen Untersuchung notwendig war, zumal diese gemäss Aussagen des Einsatzleiters “länger” gedauert hat. In diesem Zusammenhang ist ferner zu beachten, dass die Beamten im Spital vor Ort blieben und somit bei Bedarf jederzeit hätten eingreifen können, soweit der Schutz des Personals dies erfordert hätte. Es ist auch durchaus verständlich, dass der Beschwerdeführer die Fesselung während der ärztlichen Untersuchung, welcher er hilflos ausgeliefert war, als erniedrigend empfand. Ebenso ist sein Einwand, dass es ohne die gewaltsame Arretierung und Verbringung ins Spital Lachen kaum zu einer mehrtägigen Psychiatrisierung gekommen wäre, nicht von der Hand zu weisen: Die Ärzte des SPD stellten die Verdachtsdiagnose eines psychischen Ausnahmezustands im Sinne einer akuten Belastungsreaktion und differenzialdiagnostisch einen dissoziativen Stupor. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist ein Zusammenhang zwischen der Polizeiaktion insbesondere der erlittenen Gewalt und der diagnostizierten psychischen Störung keineswegs ausgeschlossen. Auch die vom Beschwerdeführer behauptete kurze Bewusstlosigkeit infolge der Gewaltanwendung erscheint angesichts der Beteiligtenaussagen durchaus plausibel. Ob ein solcher Zusammenhang besteht, ist abzuklären.

Am Ende wird das Verfahren dann erfahrungsgemäss doch eingestellt. Das Bundesgericht selbst hält dies jedenfalls für möglich:

Alsdann ist entweder Anklage zu erheben oder die erneute Einstellung nachvollziehbar zu begründen, unter Gewährung des rechtlichen Gehörs und Zustellung sämtlicher entscheidrelevanter Akten an den Beschwerdeführer (E. 2.4).