Präventivhaft auch für mutmassliche Hanfbauern

In einem zur Publikation in der AS vorgesehenen Haftentscheid ändert das Bundesgericht den deutschsprachigen Gesetzestext von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO ab (BGE 1B_126/2011 vom 06.04.2011). Der Text lautet:

[…] durch schwere Verbrechen oder Vergehen die Sicherheit anderer erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat.

Dem Bundesgericht erscheint eine Umplatzierung des Wortes “schwere” für sachgerecht:

Sachgerecht erscheint, jegliche Verbrechen zu erfassen. Gestützt auf den französischsprachigen Gesetzestext – “des crimes ou des délits graves” – ist die Bestimmung deshalb durch Umplatzierung des Adjektivs “schwere” dahingehend auszulegen, dass “Verbrechen oder schwere Vergehen” drohen müssen (…) (E. 3.2).

Den italienischen Wortlaut (gravi crimini o delit) zieht das Bundesgericht nicht heran.

Damit war der Weg frei, die Haftbeschwerde eines Beschwerdeführers abzuweisen, der wegen Verdachts des Hanfanbaus in Untersuchungshaft sitzt:

 

Dass mit banden- und gewerbsmässigem Betäubungsmittelhandel die Sicherheit anderer Personen erheblich gefährdet werden kann, kann nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass sich solche Delikte häufig in einem gewaltbereiten Umfeld abspielen, nicht zweifelhaft sein.
Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass sich die erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer durch drohende Verbrechen und schwere Vergehen grundsätzlich auf Rechtsgüter jeder Art beziehen kann (…); in Betracht kommen insoweit insbesondere auch qualifizierte Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (E. 3.7).
Doch damit nicht genug. Gemäss Bundesgericht kann die Haft ausnahmsweise auch für eine Dauer von mehr als drei Monaten verlängert werden (Art. 227 Abs. 7 StPO), was im vorliegenden Fall zulässig war:
Die Vorinstanz hat in ihrer Begründung auf diese Ausführungen in der Botschaft verwiesen und insbesondere erwogen, es handle sich vorliegend um ein umfangreiches und komplexes Verfahren mit insgesamt vier Beteiligten, und es sei zum Vornherein klar gewesen, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr bis zum 7. April 2011 nicht wegfallen werde. Diese Erwägungen der Vorinstanz überzeugen (E. 4.2.1).
Dass der Umfang und die Komplexität eines Verfahrens Wiederholungsgefahr mitbegründen können, erscheint dem Bundesgericht als überzeugend. Ich sehe den Zusammenhang nicht. Was ich aber sehe ist, dass dieser Entscheid in jedem zweiten Haftverfahren von der Staatsananwaltschaft angerufen werden wird und die einst aus guten Gründen strenge Praxis der Präventivhaft wohl endgültig der Vergangenheit angehört.