Praxisänderung beim Falschgeldbetrug

In einem neuen, zur BGE-Publikation bestimmten Urteil (6S.101/2007 vom 15.08.2007) heisst das Bundesgericht eine Nichtigkeitsbeschwerde der Bundesanwaltschaft gegen einen Entscheid des Einzelrichters des Bundesstrafgerichts (SK.2006.13 vom 22.11.2006) teilweise gut. Dieser war in zwei Punkten bewusst von der bisherigen Praxis des Bundesgerichts abgewichen und wurde für seinen Mut nun insofern belohnt, als ihm das Bundesgericht in einem Punkt folgt und seine bisherige Praxis aufgibt – ein wunderschönes Beispiel dafür, dass ein Richter nach seiner eigenen Überzeugung entscheiden muss und nicht einfach blind der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgen sollte.

Die Praxisänderung betrifft die Frage, ob das Absetzen von Blüten auch als Betrug strafbar sei (echte oder unechte Konkurrenz):

Dass Art. 242 StGB dem Betrug als speziellere Norm vorgehen und diesen verdrängen soll, leuchtet nicht ein. Die beiden Bestimmungen schützen unterschiedliche Rechtsgüter und stehen deshalb in echter Konkurrenz. Es lässt sich auch nicht argumentieren, dass Art. 242 StGB nebst anderen Rechtsgütern das Vermögen schütze und den Betrug deshalb miterfasse. Gegen ein solches Rechtsgutverständnis wurde mit Recht eingewendet, dass die meisten Delikte gegen Allgemeininteressen auch Vermögensinteressen (mit-)schützten […]. Aus diesen Gründen besteht nicht länger Anlass, an dem in BGE 99 IV 9 begründeten spezialgesetzlichen Vorrang der Falschgeldstraftatbestände festzuhalten. Diese stehen zum Betrug vielmehr in echter Konkurrenz (…). Das Inumlaufsetzen von Falschgeld (Art. 242 StGB) ist somit immer auch unter Betrugsgesichtspunkten zu beurteilen (E. 4.3.3).

Trotzdem hat das Bundesgericht in zwei Fällen die Beschwerde der BA gutgeheissen, weil der Einzelrichter zu hohe Anforderungen an das Tatbestandselement der Arglist stellte:

Im Geschäftsverkehr muss man auf die Echtheit der staatlich emittierten Zahlungsmittel vertrauen können. Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb der Betrug über die Hingabe der Falsifikate hinaus noch von weiteren arglistigen Vorkehren abhängen soll. Anders entscheiden hiesse, den Falschgeldbetrüger gegenüber dem Betrüger zu bevorteilen, welcher unter Zuhilfenahme von gefälschten Urkunden täuscht. Wer Falschgeld in Umlauf bringt, begeht deshalb in aller Regel auch einen Betrug (…). Bei ganz offensichtlichen Fälschungen kann die Arglist immer noch über die Leichtfertigkeit des Abnehmers ausgeschlossen werden (E. 4.4.3).

Festgehalten hat das Bundesgericht schliesslich an seiner Praxis, wonach das Inumlaufsetzen von Falschgeld (Art. 242 StGB) nicht mitbestrafte Nachtat zur Geldfälscherei (Art. 240 StGB) ist:

Entgegen der Kritik in der Lehre ist die Zweiteilung auch nach wie vor überzeugend: Mit dem Absetzen zuvor gefälschten Geldes wird gegenüber der blossen Fälschung ein Mehr an Unrecht verwirklicht (…). Mit dem Absetzen werden diejenigen Geschäftsverkehrsinteressen konkret gefährdet, welche durch das Fälschen bloss abstrakt bedroht wurden. Für das Mehr an Gefährdung durch das Inumlaufsetzen ist der Geldfälscher nach Art. 242 StGB zu bestrafen. Dass der Geldfälscher für das Inumlaufbringen seines eigenen Falschgeldes bestraft werden soll, indem die Strafe für die vorangegangene Geldfälschung nach Art. 240 StGB erhöht wird, will angesichts der eigenständigen Strafbarkeit des Inumlaufbringens nicht einleuchten. Auch unter Gesichtspunkten des methodisch korrekten Deliktsaufbaus sollte ein zusätzlich verwirklichter Tatbestand nicht (nur) auf der Ebene der Strafzumessung berücksichtigt werden. Gegen die von der Lehre vorgeschlagene Lösung der mitbestraften Nachtat spricht schliesslich, dass sie den Fälscher, der seine eigenen Blüten absetzt, gegenüber dem blossen Falschgeldabsetzer privilegiert, weil Art. 242 StGB nach dieser Lösung nur auf den Falschgeldabsetzer anwendbar ist (E. 4.2.2).