Private Hilfs-Sheriffs gegen Hooligans
Gemäss einem Artikel in der NZZ fordert die Basler Staatsanwaltschaft die Matchbesucher vom letzten Samstag auf, ihre privaten Video- und Handy-Bilder zur Verfügung zu stellen. Den Lieferanten wird Anonymität zugesichert. Die Bilder seien vor Gericht “wohl zulässig”, was auch angesichts der neusten Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Verwertbarkeit anonymer Zeugenaussagen (s. dazu meinen Beitrag) möglicherweise sogar zutrifft.
Der Sprecher des EDSB glaubt, heikel sei aus datenschutzrechtlicher Sicht höchstens, dass die Behörden auch auf den E-Mail-Weg verwiesen, der doch eher unsicher sei. Na wenn das das einzige Problem ist …
Private zum verlängerten Arm der Strafverfolger zu machen, ist natürlich nicht neu und kommt inbesondere bei Kapitalverbrechen regelmässig vor. Auch die Banken können im Bereich Geldwäscherei ein (teures) Lied davon singen. Womöglich wird nach dem Geldwäschereivorbild bald auch für Fussballfans eine Dokumentations- und Meldepflicht eingeführt (“know your hooligan”). Das würde teure staatliche Schutzvorkehrungen obsolet machen.
Geht die Verwertbarkeitsfrage anonymer Aussagen nicht am Thema vorbei? Die Fotografen “sagen” ja gar nichts, sie reichen nur Fotos ein aus denen die Untersuchungsbehörde allenfalls Schlüsse zieht (hinsichtlich derer aber natürlich das rechtliche Gehör gewährt werden muss). Meines Erachtens besteht bei Photos grundsätzlich kein Recht auf Konfrontation mit dem Hersteller, sofern die Umstände der Herstellung nicht bestritten werden (dann geht es aber wiederum nicht um die Photos selbst, sondern eben um diese Umstände, über welche die Photos ja grundsätzlich nichts aussagen). Das Gericht muss dann aber natürlich auch die Anonymität der Einreichung würdigen, das dürfte ihm aber nicht allzu schwer fallen.
Anders wäre es meines Erachtens, wenn neben dem auf dem Bild selbst ersichtlichen weitere Umstände behauptet würden, die nicht aus dem Bild hervorgehen. Etwa, dass das Bild an einem bestimmten Ort, der aus dem Bild nicht ersichtlich ist, aufgenommen wurde. Hier müsste, weil es ja primär um diese Äusserungen des Zeugen geht, grundsätzlich eine Konfrontationsmöglichkeit gewährt werden.
Spätestens wenn die Verteidigung die Befragung der Fotografen beantragt, was ihr mit guten Gründen wohl kaum verweigert werden dürfte, stellt sich die Frage. Abgesehen davon: die Fotos sind als Beweismittel zu behandeln. Beweismittel müssen auf ihre Beweiskraft hin beurteilt werden, was nur möglich ist, wenn bekannt ist, wer sie wann wie und unter welchen Umständen produziert hat.