Private Verteidigerin von der Vertretung ausgeschlossen
Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts (Einzelrichter) schliesst eine Verteidigerin wegen Doppelvertretung aus einem Strafverfahren aus (BStGer SN.2016.3 vom 25.02.2016). Der Ausschluss erfolgt, nachdem die Verteidigerin zwei Beschuldigte durch das Vorverfahren hindurch vertreten hatte.
Den Untersuchungsbehörden war die Doppelvertretung offenbar egal, obwohl die potentielle Interessenkollision offensichtlich war. Das beweist die Verteidigerin mit einer Eingabe denn auch gleich selbst:
In ihrer Eingabe vom 19. Februar 2016 stellt Rechtsanwältin [X.] das Vorliegen eines Interessenkonfliktes in Abrede. Zur Begründung führt sie aus, die Sachverhaltsinstruktionen der Beschuldigten A. und B. seien in jeder Hinsicht deckungsgleich. Es gebe keine sich widerstreitenden Interessenlagen, weshalb die beiden Verteidigungen auch durch je separate Anwälte nicht anders geführt werden können (…). In der Sache macht sie zusammenfassend geltend, es sei bereits im Administrativverfahren durch die FINMA festgestellt worden, dass die Beschuldigte B. nur wegen ihrer Schweizerischen Staatsbürgerschaft Verwaltungsrätin der C. AG und der D. AG geworden ist. Dokumente, die ihr vorgelegt worden seien, habe sie ohne eigene Kenntnis von deren Inhalt unterschrieben (…). In das Geschäft “E.” sei die Beschuldigte B. sodann überhaupt nicht persönlich involviert gewesen. Es werden ihr diesbezüglich auch keine Handlungen angelastet, geschweige denn nachgewiesen (…). Diese, bereits von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen seien gleichlautend mit der Verteidigungsstrategie des Beschuldigten A., dessen Anweisungen ebenso wie das standesrechtliche Verbot, Behauptungen wider besseren Wissens aufzustellen, für Rechtsanwältin [X.] verbindlich seien. Hätte der Beschuldigte A. die Beschuldigte B. zur eigenen Entlastung belasten wollen, hätte er von Anfang an einen anderen Anwalt beiziehen müssen; dies wurde und werde vom Beschuldigten A. indes abgelehnt (…) [E. 1.2].
Der Entscheid lässt wohl offen, ob die Verteidigerin nun einfach eines ihrer beiden Mandante niederlegen muss, was m.E. zwingend ist. Mir bleiben zudem ein paar weitere Fragen zu diesem Fall, etwa diese zwei:
- In Anwendung welcher gesetzlichen Grundlage kann die Verfahrensleitung eine private Verteidigerin überhaupt ausschliessen, wenn es sich nicht um einen Fall von notwendiger Verteidigung handelt?
- Kann bei Ausschluss der Verteidigung jetzt einfach das Hauptverfahren mit zwei neuen Verteidigerinnen durchgeführt werden, obwohl die Vertretung zufolge potentieller Interessenkollision von Anfang an unwirksam war?
Die Frage 1 ist m.E. klar zu beantworten. Das BGFA als öffentlich-rechtliche Vorschrift kann vom Gericht und der Verfahrensleitung direkt angewandt werden, insbes. auch im Lichte von Art. 127 Abs. 3 StPO. Vgl. BGer 1B_7/2009, E. 5.4ff.: “Die Rüge, es bestehe keinerlei gesetzliche Grundlage für den angefochtenen prozessleitenden Entscheid, erweist sich als unbegründet.” Solche Ausschlüsse von Vertretern finden ja auch im Zivilprozessrecht statt.
Frage 2 ist das schon viel spannender. Es steht zu befürchten, die Gerichte würden sie wohl eher ökonomisch beantworten, als die genügende Verteidigung zu gewährleisten.
Zu Frage 1: So einfach ist es eher nicht, auch wenn es das Bundesgericht einfach zu machen scheint.
Zur Frage 1: mit Koni einverstanden, denn wenn Art. 127 so einfach anwendbar wäre, dann müsste die Verfahrensleitung entscheiden, welches von beiden Mandanten RA X. weiterführen “darf”, was ja schon gar nicht deren Aufgabe sein kann.
Einfacher zu beantworten wäre die Frage, wenn die Verfahrensleitung verfügen könnte, dass RA X. weder A. noch B. weiter verteidigen darf (was m.E. ohnehin die richtigere Lösung wäre, da bei einem Interessenkonflikt immer beide Mandat3e betroffen sind).
Zur Frage 2:
Wenn es keine notwendige Verteidigung ist, dann müssen die Verfahrenshandlungen ja auch nicht wiederholt werden.