Prozessuales Verschulden i.e.S. und Kostenauflage
Das Bundesgericht hebt erneut eine Kostenauflage trotz Freispruchs des Beschwerdeführers im kantonalen Verfahren auf (BGer 6B_715/2007 vom 07.02.2008). Die kantonalen Behörden hatten dem Beschwerdeführer ein prozessuales Verschulden angelastet, weil er zu Verhandlungsterminen nicht erschienen war.
Das Bundesgericht prüft den Fall unter dem Aspekt des „prozessualen Verschuldens im engeren Sinn“ und legt dar, dass eine Kostenauflage in einem solchen Fall nicht die Unschuldsvermutung tangiert:
Von einem prozessualen Verschulden im engeren Sinn wird demgegenüber gesprochen, wenn der Angeschuldigte infolge prozesswidriger Handlungen den Fortgang des Prozesses hinausgezögert oder den Behörden unnötige Mehrarbeiten und Kosten verursacht hat (…). Ob der Beschuldigte in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine geschriebene oder ungeschriebene Verhaltensnorm klar verstossen und durch sein Benehmen das Strafverfahren veranlasst oder dessen Durchführung erschwert hat, untersucht das Bundesgericht nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür. Insofern steht nicht mehr der Schutzbereich der Bestimmungen von Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK in Frage, welche den guten Ruf des Angeschuldigten gegen den direkten oder indirekten Vorwurf einer strafrechtlichen Schuld schützen wollen. Die Voraussetzungen der Kostenauflage werden vielmehr durch die Vorschriften der kantonalen Strafprozessordnungen umschrieben; insoweit greift ausschliesslich Art. 9 BV Platz, wonach die betreffenden Gesetzesbestimmungen nicht willkürlich angewendet werden dürfen. Diese Grundsätze gelten über die Auferlegung von Kosten hinaus auch für die Frage der Verweigerung einer Entschädigung (vgl. zum Ganzen Urteile des Bundesgerichts 6B_724/2007 vom 11. Januar 2008, E. 2.5; 1P.65/2005 vom 22. Juni 2005, E. 3.1) (E. 2.3).
Der Beschwerdeführer ist allerdings nicht in diese Prozessfalle getappt und hat – erfolgreich – auch Willkür gerügt, und zwar willkürliche Anwendung kantonalen Strafprozessrechts:
Vorliegend ist fraglich, ob der Beschwerdeführer mit seinem Ausbleiben im Vorverfahren in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen eine ungeschriebene Verhaltensnorm klar verstossen hat. Letztlich braucht diese Frage aber nicht abschliessend beantwortet zu werden. Wie der Beschwerdeführer nämlich zutreffend geltend macht, hat er durch sein Fernbleiben von den Vermittlungsvorständen das Hauptverfahren weder erschwert noch verlängert und damit diese Kosten auch nicht kausal verursacht. Es ist ohne weiteres glaubhaft und legitim, dass er – da von seiner Unschuld überzeugt – auch bei einer allfälligen Teilnahme an den Versöhnungsversuchen nicht zu einer Einigung Hand geboten hätte und es daher ohnehin zum Verfahren vor dem Bezirksgericht gekommen wäre. Dass er sich aber im Hauptverfahren zivilrechtlich vorwerfbar verhalten hätte, wird dem Beschwerdeführer von der Vorinstanz nicht vorgeworfen.
Es liegen mit anderen Worten somit keine besonderen Umstände im Sinne von Art. 120 Abs. 2 StPO/Appenzell I.Rh. vor. Es ist deshalb weder willkürfrei begründbar noch im Ergebnis haltbar, dem Beschwerdeführer trotz Freispruchs die gesamten Verfahrenskosten zu überbinden. Es käme einzig allenfalls in Betracht, ihn aufgrund eines prozessualen Verschuldens zur Bezahlung der Kosten des ersten Vermittlungsvorstands zu verpflichten. Da er die Auferlegung dieser Kosten von Fr. 100.– nicht angefochten hat, kann diese Frage jedoch offen gelassen werden.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Vorinstanz Art. 120 Abs. 2 StPO/Appenzell I.Rh. willkürlich angewendet hat, indem sie dem Beschwerdeführer sämtliche Verfahrenskosten auferlegt hat (E. 2.5).