Randdatenerhebung im Verfahren gegen Unbekannt

Das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau scheint seine Aufgaben und Funktionen gewissenhafter wahrzunehmen als andere. Dem Bundesgericht geht es wie bereits in BGE 137 IV 340) einmal mehr zu weit. In einem neuen Urteil kassiert es einen ZMG-Entscheid, der einer rückwirkenden Randdatenerhebung über den Telefonverkehrs die Genehmigung verweigerte (BGer 1B_265/2012 vom 21.08.2012). Das ZMG befand, die angeordnete Überwachungsmassnahme genüge dem Erfordernis der Subsidiarität nicht. Es bestünden andere Abklärungsmöglichkeiten. Dokumente und Datenträger aus der Überwachung seien deshalb sofort zu vernichten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse dürften nicht verwertet werden. Das Bundesgericht ist anderer Meinung, verwechselt dabei m.E. aber (wie die zitierte Lehre) teilweise die Subsidiarität mit der Verhältnismässigkeit: 

Bei der Beurteilung der Subsidiarität ist hier zu berücksichtigen, dass es um den Verdacht eines schweren Verbrechens geht. An die Subsidiarität dürfen daher keine hohen Anforderungen gestellt werden (in der Sache ebenso HANSJAKOB, a.a.O., N. 25 zu Art. 269 StPO; JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, a.a.O., N 41 f. zu Art. 269 StPO); dies umso weniger, als lediglich Randdaten erhoben werden sollen, was nach der dargelegten Rechtsprechung einen deutlich weniger schweren Grundrechtseingriff darstellt als die Ermittlung von Gesprächsinhalten (E. 2.3.1).

In der Sache ging es darum, die Todesursache festzustellen. In Frage kamen sowohl ein Unfall als auch ein Tötungsdelikt. Die Staatsanwaltschaft wollte anhand der rückwirkenden Randdatenerhebung feststellen, wo sich der Verstorbene zur mutmasslichen Tatzeit aufgehalten hat und mit wem er allenfalls telefoniert hat. Das ZMG stellte sich offenbar auf den Standpunkt, Art. 81 Abs. 1 FDV könne die fraglichen Informationen liefern, womit eine Zwangsmassnahme nicht notwendig sei. Das Bundesgericht widerspricht:

Gestützt auf Art. 81 Abs. 1 FDV könnte somit nicht festgestellt werden, wer den Verstorbenen angerufen hat. Ebenso wenig könnte der jeweilige Standort des Mobiltelefons ermittelt werden (…). Ein Vorgehen nach dieser Bestimmung kann daher nach der zutreffenden Ansicht der Beschwerdeführerin nicht als zweckmässig angesehen werden. Die Beschwerdeführerin tappt bisher im Dunkeln, wo sich der Verstorbene vor seinem Tod aufgehalten hat, was er gemacht hat und mit wem er zusammen war. Es erscheint als unwahrscheinlich, dass der 19-jährige Verstorbene völlig alleine Alkohol konsumiert und dann ebenso alleine die steile Treppe hinuntergestürzt ist. Um zu ermitteln, mit wem er vor seinem Tod genau Kontakt gehabt hat und wo er sich jeweils aufgehalten hat, ist die Erhebung der Randdaten nach Art. 273 StPO erforderlich. Wie dargelegt, dürfen unter den gegebenen Umständen keine hohen Anforderungen an das Erfordernis der Subsidiarität gestellt werden. Dem trägt der angefochtene Entscheid nicht Rechnung. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass hier – wo es um die Aufklärung eines in Frage stehenden Schwerverbrechens geht – die noch erhebbaren Beweise soweit als möglich gesichert werden. Wenn die Vorinstanz die Genehmigung der von der Beschwerdeführerin angeordneten Überwachungsmassnahme abgelehnt hat, verletzt das daher Art. 273 Abs. 1 i.V.m. Art. 269 Abs. 1 lit. c StPO (E. 2.3.3).

Soweit ersichtlich prüft das Bundesgericht die anderen Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsmassnahme nicht. Mich hätten beispielsweise Ausführungen zum Tatverdacht interessiert. Art. 197 StPO, der die Grundsätze im Bereich der Zwangsmassnahmen definiert, wird im Entscheid nicht erwähnt.