Rasertatbestand und Ersttäterprivileg

Bekanntlich hat der Gesetzgeber den “Rasertatbestand” 1. Oktober 2023 leicht entschärft, indem er u.a. Ersttäter nach Massgabe von Art. 90 Abs. 3ter SVG privilegieren wollte. Danach ist insbesondere eine Geldstrafe möglich, wenn der Täter “nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde.”

In einem Grundsatzentscheid hat sich das Bundesgericht nun erstmals zu einer “Raser-Geldstrafe” geäussert (BGE 6B_1379/2023 vom 11.09.2023, BGE-Publikation vorgesehen). Der Entscheid ist in italienisch verfasst. Ich verweise daher auch auf die heute publizierte Medienmitteilung. In der Sache ging es um einen Ersttäter, der mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen bestraft wurde, was die Staatsanwaltschaft TI nicht akzeptieren wollte. Sie verlangte, dass bei einem Ersttäter zusätzlich eine besonders günstige Prognose vorliegen müsse, womit sie aber scheiterte (und nach dem Wortlaut des Gesetzes auch scheitern musste).

SSK hat zum neuen Ersttäterprivileg übrigens eine Empfehlung erlassen. Darin wird behauptet, das Ersttäterprivileg sei nicht anwendbar, “wenn die Täterschaft weniger als 7 Jahre im Besitz der Fahrerlaubnis der entsprechenden Fahrzeugkategorie war.” Diese Empfehlung wird in einer aktuellen Publikation zu Recht kritisiert (Pablo Bünger, Nichtprivilegierung von erstmaligen Rasern contra legem?, in: plädoyer 5/2024, 80).