Recht einfach
In einem einzigartigen Fall heisst das Bundesgericht eine Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft BE gegen einen angeblichen Endentscheid, der eigentlich ein Rückweisungsentscheid ist, gut (BGer 6B_1363/2021 vom 14.03.2021). In der Sache geht es um Entschädigungsansprüche nach eingestelltem Strafverfahren. Der Beschuldigte und Beschwerdegegner machte strafprozessuale Zwangsmassnahmen dafür verantwortlich, dass er in einem Submissionsverfahren eine Frist verpasst habe. Strittig war primär die Frage nach der adäquaten Kausalität, welche die Vorinstanz zu Unrecht bejaht hatte. Das Bundesgericht hält den Kausalzusammenhang dagegen für unterbrochen, weil der Beschuldigte die Strafverfolger offenbar nicht auf die Problematik der Eingabefrist hingewiesen hatte:
Zwar lag die Ursache für das Versäumen des Termins vom 9. Mai 2016 und letztlich der Frist im Vergabeverfahren zunächst in der Durchführung der Zwangsmassnahmen. Hinzu tritt aber der Umstand, dass der Beschwerdegegner den wichtigen Termin vom 9. Mai 2016 mit dem Vertreter der ausländischen Vergabebehörde gegenüber den Strafverfolgungsbehörden anlässlich der Festnahme und anschliessenden Einvernahme nicht erwähnt hat, obwohl er hierzu zweifellos die Gelegenheit gehabt hätte. Auch hat er darauf verzichtet, seine Angehörigen zu informieren, damit diese entsprechende Vorkehren hätten treffen können (E. 2.5).
Der Beschwerdegegner machte aber geltend, er habe sehr wohl darauf hingewiesen. Das war aber im Festnahmeprotokoll anders festgehalten. Dazu folgende Keule des Bundesgerichts:
Zwar bestreitet der Beschwerdegegner den Inhalt des Festnahmeprotokolls und weist darauf hin, dass dieses von ihm nicht unterzeichnet worden sei. Allerdings handelt es sich dabei nicht um ein Einvernahmeprotokoll, das von der einvernommenen Person zu unterzeichnen wäre (vgl. hierzu Art. 78 StPO). Der Einwand geht damit fehl (E. 2.5).
Tja, manchmal ist das Recht einfach nur extrem simpel.
Nicht ganz so simpel war es übrigens, Gründe für das Eintreten zu finden. Das Bundesgericht kam zum Schluss, in Bezug auf die Kausalität sei der angefochtene Rückweisungsentscheid ein Endentscheid.
Im angefochtenen Entscheid bejahte die Vorinstanz die Kausalität zwischen dem Strafverfahren respektive den durchgeführten Zwangsmassnahmen und dem aus dem Ausschluss aus dem Vergabeverfahren resultierenden Schaden und wies die Sache zur Beurteilung des Schadens an die Staatsanwaltschaft zurück. Damit enthält der Entscheid bezüglich der Frage der Kausalität, die es vorliegend einzig zu prüfen gilt, materiellrechtlich verbindliche Anordnungen und der Staatsanwaltschaft verbleibt diesbezüglich kein Beurteilungsspielraum. Mit Blick auf die dargestellte Rechtsprechung ist der angefochtene Rückweisungsentscheid, zumindest soweit er die Frage der Kausalität betrifft, als Endentscheid zu behandeln und als solcher im Grundsatz einer Beschwerde an das Bundesgericht zugänglich (Art. 90 BGG) [E. 1.4].
Vielen Dank Herr Kollege für dieses doch erstaunliche Urteil
Wenn man denkt, in ihrem Blog kann es nicht noch erstaunlicher kommen, dann kommt wieder ein Knülle.
Ich habe mir nun als Rentner einmal aus Interesse die Mühe gemacht ihn unter EMRK Gesichtspunkten anzuschauen, da ich ihr nationales Recht zu wenig kenne.
1. Verstehe ich nicht was mit der offensichtlichen Rüge des Beschwerdegegners betreffend Unschuldsvermutung im Vorverfahren vor dem Obergericht Bern passiert ist. Das Obergericht schlug es an die Wand mit den Worten “rein hypothetisch”. Hat der anwaltliche Vertreter des Beschwerdegegners die Rüge schlicht vergessen vorzutragen in seiner Stellungnahme? , oder hat das Bundesgericht die Rüge einfach völlig unbearbeitet gelassen ? – was es ja scheinbar im Fall Uche gegen die Schweiz schon einmal machte?. Das könnte schon ein Verstoss gegen Art. 6 EMRK.. (Übergehen von ganzen Rügen) sein.
M.E. ist der Beschuldigte sowieso nicht zu irgendwelchen selbstgewählten Hinweisen zu seinem Pendenzenkalender an die Justiz im Vorverfahren verpflichtet. Man könnte den Eindruck haben, durch Einlassung – ich habe einen wichtigen Termin – könnte man ganze Zwangsmassnahmen wie Verhöre und Verhaftungen abbrechen lassen. Das Verbot des Zwangs zur Selbstbelastung, der Grundsatz nemo tenetur seipsum accusare, stellt ein zentrales Beschuldigtenrecht in der alltäglichen Strafrechtspraxis dar und wird durch den EGMR vorgegeben (Fall Funke vs. France oder Fall Saunders vs. United Kingdom. Im Fall Saunders vs. UK führte der EGMR aus, dass das Schweigerecht ein Zentralbestandteil jedes rechtsstaatlichen Verfahrens darstellt und durch keinerlei Einflussnahme auf den Willen des Beschuldigten verletzt werden darf. Im Urteil Magee vs. UK hat der EGMR seine Position, dass das effektiv gewährleistete Beschuldigtenrecht zum vollständigen Schweigen auf die frühen Verfahrensabschnitte erstreckt, indem er unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 EMRK hervorhob, dass gerade im frühen Stadium der Ermittlungen und Befragungen die prozessualen Garantien eminent wichtig sind.
M.E. ist die Verweigerung einer Entschädigung für die ungerechtfertigten freiheitsberaubende Massnahmen mit der Begründung, der Beschwerdegegner habe mit seiner Passivität im Strafverfahren die Adäquanz zwischen Verpassten Termin und Massnahmen der Justiz unterbrochen ist mit der Unschuldsvermutung Art. 6 EMRK klar nicht vereinbar. Es ist deshalb nicht vereinbar, da sich oft am Anfang eines Strafverfahrens man nicht wissen kann, welche Einlassung eines Beschuldigten belastend oder entlastend ist (Oberster Gerichtshof der Republik Litauen vom 13.12.1999 ICCVV99499 E. X).
In einem alten Urteil ihres Bundesgerichts 103 IV 8 heisst es noch richtig in (a) “Nach verfahrensrechtlich anerkannten Grundsätzen ist ein Beschuldigter nicht gehalten, Straftaten zu offenbaren, zu denen er nicht befragt wird; er darf sie deshalb verschweigen. Ebenso ist er nicht verpflichtet, die Untersuchung zu seinem Nachteil zu fördern oder zu erleichtern. Den Nachweis der Schuld zu erbringen, liegt von Gesetzes wegen bei den Behörden, die den Beschuldigten in keiner Weise zu einem Geständnis zwingen dürfen (vgl. Art. 41 Abs. 1 BStP, Art. 39 Abs. 5 VStrR). Er ist daher berechtigt, die Aussagen zu einer ihm vorgeworfenen Tat zu verweigern, um sich nicht selbst belasten zu müssen. Durch Ausübung des Schweigerechts wird die BGE 103 IV, 8 (11)Untersuchung zwar nicht erleichtert, aber auch nicht erschwert. Das Verfahren hat in einem solchen Fall vielmehr seinen ordentlichen Gang zu nehmen wie dann, wenn der Beschuldigte unverschuldet abwesend wäre.”
und die Strafkammer des Bundesgerichts die dieses erstaunliche Urteil verkündet hat bestätigte noch diesen Leidentscheid in BGer 6B_660/2020, Erw. 1.4.
2. Scheinen gegen den Beschwerdegegner auch festgestellte rechtswidrige Massnahmen ergangen zu sein. I Hier gibt es kein Ermessen, die sind nach EMRK Art. 5.5 zu entschädigen. Auf ein Verschulden kann es nicht ankommen. Der Wortlaut des Artikels ist klar.
3. Der Beschwerdegegner scheint im ersten Rückweisungsverfahrens auf eine mündliche Verhandlung bestanden haben, welche verweigert wurde. M.E. das Fehlen einer Verpflichtung zur Durchführung einer öffentlichen Verhandlung widerspricht dem Art. 6 Abs. 1 EMRK. Soweit ein innerstaatliches, ziviles Recht auf Entschädigung bestehe, bedürfe er zur Sicherstellung eines fairen Verfahrens sowohl der Durchführung einer
öffentlichen Gerichtsverhandlung als auch einer öffentlichen Entscheidungsverkündung. Auch die Nichtbeantragung auf mündliche Verhandlung kommt es nicht unbedingt an (vgl. etwa EGMR 24.11.1997, 138/1996/757/956, Fall Werner gegen Österreich).
Mich würde die Meinung von Ihnen und auch der anderen Kollegen zu interessieren. Übersehe ich hier als im Schweizer Recht Laie etwas?
@ tadesbrasauskatz
das Urteil ist dünn und für die tiefen Untersuchungen in den Vorentscheiden fehlt mir – anders als bei Ihnen- schlicht die Zeit und Lust. Das BGer. geht wohl von einer blossen Beschränkung der Freizügigkeit des Beschwerdegegners aus (Art. 2 des 4. ZP).
@ abläschele
Ich vermute mit Art.2 4 ZP schreiben Sie von der EMRK? Interessante Denke.
Ob einer Person durch eine bestimmte Massnahme die Freiheit entzogen wird
(„deprived of his liberty”), ist anhand der konkreten Lage und Situation zu beurteilen (Guzzardi gegen Italien). Dabei sind eine Vielzahl von Kriterien wie etwa die Art, die Dauer, die Auswirkungen und die Umstände der
Ausführung der in Frage stehenden Massnahme zu berücksichtigen („type, duration,
effects and manner of implementation of the measure in question”).
Der Bg erlitt eine Verhaftung, HD mit Dursuchung der Datenträger, Beschlagnahme dann eine rechtswidrige DNA Behandlung sowie Einvernahme innerhalb eines klassischen Strafverfahrens. Klassisches Schutzgebiet von Art. 5 EMRK und nicht rein Art. 2, 4 ZP.
Herr brasauskas
Ntürlich die Emrk. Mir war natürlich bewusst das art. 5 greift.
Was ich noch nicht verstehe ist die Begründung bezüglich nachträglich festgestellte ZM und weshalb der Beschuldigte sich darauf nicht mehr berufen kann.. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit in der Vorinstanz ist Schadensersatz für immateriellen Schaden. Der Beschuldigte fordert aber einen Ersatz für materielle Schäden. Sie kennen den Fall ja besser, wo und wieso ist hier art. 431 StPo rausgefallen?
@ abläschele
Herr Kollege. In 6B_878/2019 E. 1.4.2. bringt das hier von mir so stark kritisierte Bundesgericht gut auf den Punkt (Art. 5.5 EMRK).
In https://entscheidsuche.ch/docs/BE_ZivilStraf/BE_OG_008_BK-2018-464_2019-10-16.pdf
E.2.5. schrieb das Oberg. Bern unter anderem
“er Beschwerdeführer verlangt die Feststellung der Rechtswidrigkeit mit Blick auf
seine Reputation. Er macht geltend, sein Ansehen gegenüber Geschäftspartnern
habe stark gelitten (Ziff. 99 der Beschwerde). Insoweit kann die anbegehrte
Feststellung der Rechtswidrigkeit der Zwangsmassnahme als Form der
Genugtuung verstanden werden. Diesem Begehren kommt trotz der Tatsache,
dass der Reputationsschaden bereits von der Staatsanwaltschaft im Rahmen von
Art. 429 Abs. 1 Bst. c StPO berücksichtigt worden ist (Dispositivziffer 7 der
angefochtenen Verfügung), selbständige Bedeutung zu. Anspruchsgrundlage für
eine Genugtuung wegen Widerrechtlichkeit/Rechtswidrigkeit von
Verfahrenshandlungen stellt Art. 431 Abs. 1 StPO dar. Die Anspruchsgrundlagen
gemäss Art. 429 Abs. 1 Bst. c und Art. 431 Abs. 1 StPO schliessen sich
gegenseitig nicht aus, sondern können kumulativ nebeneinander bestehen
(WEHRENBERG/FRANK, in: Basler Kommentar, Schweizerische
Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 3a zu Art. 431 StPO).
Mit Blick auf den Wortlaut der Beschwerde (Ziff. 99) stellt sich jedoch die Frage, ob
der Beschwerdeführer ausschliesslich auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der
Zwangsmassnahme (als Form der Genugtuung) abzielt oder ob er auch pekuniäre
Interessen verfolgt. Aufgrund der Tatsache, dass er selbst keinen konkreten Betrag
geltend gemacht hat, und der Ausführungen in der Triplik vom 6. Mai 2019, wonach
er es dem Gericht überlasse, ob die Rechtswidrigkeit explizit, d.h. dispositivmässig,
oder implizit durch Zusprache einer höheren Genugtuung und Entschädigung
festgestellt werde, sowie unter Berücksichtigung der Konsequenzen, die der
Beschwerdeführer durch das Strafverfahren erlitten haben will, darf ohne
Rechtsverletzung davon ausgegangen werden, dass es ihm hauptsächlich um eine
explizite Feststellung der angeblich rechtswidrig erlittenen Zwangsmassnahmen
geht. Sollte dem Beschwerdeführer tatsächlich ein Schaden im geltend gemachten
Ausmass (insbesondere mit Blick auf die Angelegenheit «Vergabeverfahren der
Republik S.________») entstanden sein, kann ein Feststellungsinteresse nicht in
Abrede gestellt werden. Vor diesem Hintergrund ist auf das Rechtsbegehren 13
ebenfalls einzutreten. Auf die Diskussion, inwiefern allenfalls auch die
Rechtsweggarantie an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein
besonderes Feststellungsinteresse begründe (Replik vom 11. Februar 2019, Ziff. 3;
Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vom 5. März 2019), braucht nicht
näher eingegangen zu werden. Ferner steht auch der Umstand, dass die Frage der
Rechtmässigkeit der Hausdurchsuchung bereits im Beschluss des Obergerichts
des Kantons Bern BK 16 195 vom 11. Juli 2016 vorfrageweise geprüft und bejaht
worden ist, einer erneuten Thematisierung am Ende des Verfahrens nicht
entgegen.
Das Obergericht trat im 1st verfahren explizit ein, erwähnte hierbei sogar explizit das Vergabeverfahren
(…Sollte dem Beschwerdeführer tatsächlich ein Schaden im geltend gemachten
Ausmass (insbesondere mit Blick auf die Angelegenheit «Vergabeverfahren der
Republik S.________») entstanden sein, kann ein Feststellungsinteresse nicht in
Abrede gestellt werden…)
und war der Meinung das Srt. 429 StPO neben Art. 431 StPO nebenbei bestehen könne. Scheinbar forderte der damalige Bf. die Feststellung einer Rechtswidrigkeit als eine Art Genugtuung. Genugtuung ist aber stets für Unbill gesprochen. Nun fordert der damalige Bf. aber eine Entschädigung für materiellen Schaden.
Wieso das BGer jetzt glaubt das er es nicht mehr auf Art. 5.5 EMRK stützen könne, bzw. Art. 431 S T P O und rein auf Art. 429 der S t P O ist mir natürlich klar. Es spielt einfach Kassenwart und nicht Höchstgericht. Solche Truppen sollten vors EGMR geschleppt werden und in Zukunft sollten die Parteienspenden der Bundesrichter an die SVP ( wie hier im Fall) für solch mehr als fragwürdige Urteile an ihre Bundeskasse fliessen, bzw. an einen Fond von Opfern der SVP Richterschaft.
@brasauskas
Jetzt verstehe ich den “Rückweisungsentscheid” doch noch etwas. Man möchte dem Beschuldigten nebst der 3000.- noch einmal weitere Kosten für einen weiteren Prozess auferlegen. .
@tb
ich hoffe der beschuldigte schafft es ein egmr-verfahren anzuspannen und lässt einmal klären ob die fehlende mündlicheit im entschädigungverfahren bei einstellungen bei solch komplexen beziehungen und strittigen sachverhalt emrk konform sein kann.
Für die meisten Entschädigumgsverfahren im Anschluss an einer Einstellung brauch es keine mündlichen Verhandlung. Ein “Urkundenprozess” langt. Das wäre gerade für uns Anwälte sehr unbefriedigend! Wwenn dann noch in eine Verhandlung marschiert werden muss. Bedenkt man das auch noch Amtliche Mandate oft daran kleben, wumürde solch eine Prqxisäbderu g zu noch höheren Ausfällen auf der Seite Verteidigung führen. Dieser Fall hier ist eine absolute Ausnahme.
Also das Obergericht stellte (im zweiten Anlauf) die Kausalität fest und wies die Sache zur Beurteilung des Schadens an die STA zurück. Die OberSTA erhebt dagegen Beschwerde ans Bundesgericht, welche die Kausalität verneint. Jetzt weist das Bundesgericht die Sache aber “zur neuen Beurteilung” ans OGer zurück. Was soll denn jetzt neu beurteilt werden? Oder habe ich hier etwas überlesen?
Ausserdem würde es mich interessieren, ob die OberSTA sich mit der Eintretensfrage tatsächlich diesbezüglich befasst hat oder ob hier das Bundesgericht “selbst darauf gekommen” ist (da es doch auf Beschwerden normalerweise gar nicht eintritt, wenn sich der Beschwerdeführer damit nicht SELBST auseinandersetzt). Denn dass dieser Grund offensichtlich wäre, mag ich doch zu bezweifeln.
@ DS
es wird wohl rein die kostenverteilung in der 1. und 2 Instanz sein.
@ tades basauskas
merci bezüglich dem fall werner gegen at die ganze schriftkichkeit in 429 ist mir schon lange im auge
Das kann eben nicht sein, ausser es handelt sich um einen Fehler.
Denn normalerweise müsste die Formulierung dann zwingend wie Folgt lauten:
In der Begründung:
“Die Beschwerde ist gutgeheissen… Die Vorinstanz wird über die Kosten- und Entschädigungsfolgen neu zu befinden haben.”
Im Dispositiv:
“Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des vorinstanzlichen Verfahrens an (…) zurückgewiesen.”
Da eine solche Formulierung fehlt, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären, was das Obergericht nun neu zu entscheiden hätte.
eine möglichkeit ist mir noch eingefallen. es könnten noven eingegeben worden sein über die nicht entschieden wurde – was diese besetzung oft in ihren urteilen unterlässt zu behandeln- und da ist ja noch die sache mit der wi. derrechtkichkeit einer zm. hier ist eine freiere kognition
(BGE 131 III 91 E. 5.2 S. 94; BGE 116 II 220 E. 4a S. 222; enger BGE 111 II 94 E. 2 S. 95; je mit Hinweisen).
@DS
Ich vermute einmal das Obergericht wird es auch nicht verstehen. Ich persönlich finde nichts. Ich stimme Ihnen übrigens zu.. Das betreffende Urteil sieht halt durch und durch “Recht einfach” aus.
.@tb
Nach 9 Jahren in einer STA kann ich Ihnen versichern das ich es noch nie erlebt habe das eine massnahme durch Aufklärung “ich habe einen wichtigen Termin” abgebrochen wird. Das ist halt unser Bundesgericht. Gratulation
Das Bundesgericht scheint die Unterbrechung der Kausalität zwischen ZM und Schaden von einer nicht protokollierten, damit inexistenten Aussage des Beschuldigten abhängig zu machen, die nach allgemeiner Lebenserfahrung sowieso wirkungslos gewesen wäre.
Anders als in der Politik sollte man in der Justiz nicht dort aufhören zu denken, wo es gerade passt.
@da
Die Aussagefreiheit sehe ich als Kehrseite von Art. 113 Abs. 1 StPO
“Die beschuldigte Person muss sich nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und ihre Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern*
Das Bundesgericht scheint es nicht selber zu sehen.
Das Bgre berücksichtigt offensichtlich nicht die Lehre zu. Art. 429 StPO und weicht von seiner eigenen Rechtsprechung in nicht mehr nachvollziehbarer Weise ab. Die Festnahme drängt doch nicht eine in der Praxis völlig wirkungslos Einlassung ins nbeachtliche zurück.
K F. art. 1q3 abs. 1 stpo erstreckt sich nur aufs strafrecht und nur auf dn Schutz von getätigter aussagen im strafprozess. Die ansprüche des beschwerdrgrgnrrs sind aber ziviler natur welche sich nach dem a. v. haftpflichtrecgt hilfsweise regelt.
was der geschätzte herr bähler jetzt machen soll ist mir auch nicht klar. es muss sich um einen fehler handeln.
@ MS
In Sekanina gegen Österreich wird die Reichweite der Unschuldsvermutung im Strafverfahren aufgezeigt. Für den Fall der Einräumung von Ansprüchen zu freiheitsberaubenden Massnahmen gegen einen Verdächtigen sind die Anforderungen der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK besonders zu beachten.
Dieses Ereignis wäre ein guter Stoff für das Caberet ROTSTIFT gewesen.
https://youtube.com/shorts/wbIjHZg19aE?feature=share
@ An Herr Jecker und andere Hilfe für das Verstehen von echten Praktikern
E.2.5
“Auch hätte der Beschwerdegegner die Strafverfolgungsbehörden um eine raschere Abwicklung der Zwangsmassnahmen ersuchen können. Der Beschwerdegegner hat den Behörden durch seine Untätigkeit die Möglichkeit genommen, von der Frist im Vergabeverfahren und dem drohenden Schaden Kenntnis zu erlangen und ihn rechtzeitig zu entlassen.”
Bei mir handelt es sich um eine Studentin an der Université de Genève und ich verstehe leider Deutsch nicht so korrekt wie die Damen und Herren hier.
Wir haben gelernt das die ZM dann beendet wird, wenn das Ziel einer ZM erreicht ist (Sicherstellung der Beute, Verhaftung der ausgeschriebenen Person ).
Hier im Urteil verstehe ich aber so, man kann durch Einlassungen der Beschuldigten die ZM verkürzen? Ich habe einen wichtigen Termin in etwa.
Geht es in der Praxis tatsächlich?
StWa schreib in dem Bger Verfahren
“Unabhängig hiervon hätte er um 15.45 Uhr entlassen werden können. Die Massnahmen hätten mit dem Beschwerdegegner anders geplant werden können. So habe insbesondere für die erkennungsdienstliche Erfassung oder auch für die Einvernahme des Beschwerdegegners keine zeitliche Dringlichkeit bestanden. Die Strafverfolgungsbehörden würden vorliegend nicht die Verantwortung für das Fehlverhalten des Beschwerdegegners tragen. Dieser habe überhaupt nichts unternommen, um den erkennbar drohenden Schaden abzuwenden. Das Selbstverschulden des Beschwerdegegners sei derart gravierend, dass es den Kausalzusammenhang unterbreche.”
Ist das nicht Venire contra factum proprium ? ein Verstoss gegen Treu und Glauben? wenn ein Beschuldigter damals am Strafprozess durch Festnahme und andere ZM beteiligt wird und dann nachträglich die Justizbehörde meint es habe keine zeitliche Dringlichkeit bestanden für die ZM?
Wieso hat sie ihn dann überhaupt festgenommen?
ja erfüllt die Festnahme oder besser geschrieben die offensichtliche Erkennungsdienstliche Massnahme DNA Profil oder die Einvernahme dann nicht sogar Art. 183 StGB wenn überhaupt keine Dringlichkeit bestanden hat.
Wie soll ich es schreiben “Monsieur le Président, je suis quelque peu dans l’embarras
Danke für etwaige Antworten um dieser Verwirrung abzuhelfen.
Das die Polizei hätte den Tatverdchtigen freigelassen wenn er das Treffen hätte protokolliert lassen widerspricht jeglichen Erfahrungsgrundsätzen in der Strafverfolgung. Zumindestens hier im Kanton Graubünden ist es genau so wie Sie in Genf wohl lernen. Die Begründung des Bger widerspricht völlig den Gesetzen folgerichtigen Denkens.
Eine ZM ist mit oder ohne Mitwirkung des Beschuldigte durchzuführen bis das Ziel der ZM erreicht ist. Finanzielle Gegebenheiten können keine Begründung für beschleunigte Massnahmen sein. Jede Beteiligung des Beschuldigte muss.mit der gleichen Beschleunigung durchgeführt werden.. Wenn die ZM nicht so dringend war, dann hätte man eine mildere Massnahme wählen müssen. Die StPO gibt hier genug Möglichkeit. Hat die Strafverfolgung ihn ohne Not überlang beteiligt, liegt hier ein Verstoss gegen die StPO vor.
Für Art. 183 StGB fehlt schon der Vorsatz für das subjektive Verschulden eines der am Freiheutsentzug verhaftet en Polizisten. Es gab wohl eine FestnahmeVerfügung welche scheinbar eine fehlerhafte Begründung hatte und das Oberger. dann Jahre spater “anders” würdigte. Eine Widerrechtkichkeit des Freiheutsentzug wurde ja nicht festgestellt, damit fehlt es auch hier an einer Bedingung für Art. 183 StGB.
venire contra cantra factum proprium kenne ich so aus dem deutschsprachigen Schuldrecht und wird nach meiner Erfahrung in der Schweiz rein für den “rechtsmissbrauch” eines Bürgers gegenüber eines anderen Bürgers oder Staaten “genutzt” . Beispiel, der Kläger hat ein Recht, missbraucht es gegenüber der Beklagten (in der Regel Arbeitgeber) und verdient nicht hier geschützt zu werden, obwohl er hier ein Recht dazu hätte. Wenn er sich zbs. widersprüchlich verhalten hat. In meinem Land Litauen gibt es sowas zbs. nicht, Jeder der das Recht dazu hat, der kann es auch “missbrauchen” , rein das Recht dazu muss er haben.. Auch widersprüchliches Verhalten führt – anders als in der Ch – nicht zum Verlust dieses Rechts.
In dem Fall hier stellte wohl eine Behörde eine Verfügung über die Haft des Beschuldigten aus mit der Begründung er sei auf frischer Tat ertappet worden. 2 Jahre später würdigt dann ein Oberger. Diese Verfügung anders und schreibt von offensichtlichen Fehlern in der Begründung. Wiederum Jahre später behauptet dann die Beschwerdeführerin das die Festnahme überhaupt nicht notwendig gewesen sei, “es gab keine Dringlichkeit” und das höchste Schweizer Gericht geht auch davon aus man hätte die freiheitsentziehenden Massnahmen auch beschleunigen können..
Ihre Frage ist nach meiner Meinung konkret mit Ja zu beantworten. Die Behörde. verhielt sich klar widersprüchlich. Das es das höchste Schweizer Gericht nicht so sah erkläre ich mir mit der vollkommenen Inkompetenz dieses Gerichts. Die Strafkammer ist nicht nur praxisfern
sondern sieht sich auch als Kassenwart des Staates und urteilt nur in Ausnahmefällen nicht aus einer Verfolgerperspektive. Das sind man oft an gar freudischen Versprechen in den immer wieder widersprüchlichen Urteilen.. Das es hier so “ruvkgewiesen hat” erkläre ich mir zum Ärgern des Oberg. Es ist halt eine linke Truppe und das BGer war hier in der Besetzung eines Rechtsauslegers. Wer die Schweiz kennt, der weiss dann auch wie so die Gerichte sich “ärgern”.
Jetzt will ich Sie als Studentin nicht verunsichern aber die Praxis hat halt rein nichts mit der Lehre zu tun. Sie müssen sich entscheiden. Bleiben sie an der Uni, dann ist das eine Art von Leben. Gehen sie in die Praxis, dann sind sie wo anders. Das ist aber auch meine Erfahrung in der Bundesrepublik und in meinen Land so, obwohl die Hochstgerichte besser begründen und ich die Ausbildung der Richter bei uns und in der BRD besser halte.
Vielen Dank für die Antworten aus der Praxis.
StWa schreib in dem Bger Verfahren
“Unabhängig hiervon hätte er um 15.45 Uhr entlassen werden können. Die Massnahmen hätten mit dem Beschwerdegegner anders geplant werden können. So habe insbesondere für die erkennungsdienstliche Erfassung oder auch für die Einvernahme des Beschwerdegegners keine zeitliche Dringlichkeit bestanden. Die Strafverfolgungsbehörden würden vorliegend nicht die Verantwortung für das Fehlverhalten des Beschwerdegegners tragen. Dieser habe überhaupt nichts unternommen, um den erkennbar drohenden Schaden abzuwenden. Das Selbstverschulden des Beschwerdegegners sei derart gravierend, dass es den Kausalzusammenhang unterbreche.”
Ist das nicht Venire contra factum proprium ? ein Verstoss gegen Treu und Glauben? wenn ein Beschuldigter damals am Strafprozess durch Festnahme und andere ZM beteiligt wird und dann nachträglich die Justizbehörde meint es habe keine zeitliche Dringlichkeit bestanden für die ZM?
Wieso hat sie ihn dann überhaupt festgenommen?
ja erfüllt die Festnahme oder besser geschrieben die offensichtliche Erkennungsdienstliche Massnahme DNA Profil oder die Einvernahme dann nicht sogar Art. 183 StGB wenn überhaupt keine Dringlichkeit bestanden hat.
Firsch von der CH Uni?
lzuviele
Sie scheinen bei einem BGer zu arbeiten. Ich sah nur 2 Fragen und die Angabe das die Dame am Studieren sei.
Leider ist aus diesem Urteil des Bgr_und dem Beschluss aus Obergr. Bern nicht genau zu verstehen um welche Frist es denn nun geht und die Einzelbedingungen sind mit keinem Wort erwähnt.
Ein Submissionstermin oder eine Teilnahmefrist scheint es nicht gewesen zu sein, da eine Person der Submissionsbehörde sich auf einen Besuch einrichtete. Ich gehe deshalb davon aus hier wurde ein Termin für die Einreichung von Nachweisen geplant. In der Schweiz ist die Folge einer Nichteinreichung solcher Nachweis nicht zwingend mit einem Ausschluss verbunden (143 I 177
E. 2.3.3). Nachreichungen sind auch in Deutschland gängig und auch üblich (OLG Koblenz hat mit Urteil vom 07.05.2020 – 1 U 772/19). Der EUGH urteilte in der Rechtssache C?27/15 das ein Durchschnittsbieter unbedingt aus den Einzelbedingungen eines Submissionsverfahrens die Ausschlussgründe verstehen muss. Bedingungen die nur durch eine richterliche Auslegung des nationalen Rechts festgestellt werden können, darf der Auftraggeber dem ausgeschlossenen Bieter eine hinreichende Frist zur Behebung seines Versäumnisses gewähren (Rz. 50).
Da von Rubeln in der Vorinstanz die Rede war, gehe ich aber nicht davon aus das hier ein Submissionsverfahren in der Schweiz oder aus der EU betroffen war und der Beschuldigte aus einem Russischen Submissionsverfahren ausgeschlossen wurde.
Das einer durchschnittlich informierten Person in der Schweiz im Lichte des Schweizerischen Haftpflichtrechts die Modalitäten eines Russischen Vergabeverfahrens bekannt sein soll (Allgemeines Wissen) ist tatsächlich erstaunlich.