Rechtsschutzversicherung als Strafverteidiger?
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau stellt sich auf den Standpunkt, dass eine Rechtsschutzversicherung nicht rechtsgültig Einsprache gegen einen Strafbefehl des Versicherungsnehmers erheben kann. Der erstinstanzliche Richter war anderer Meinung, das Obergericht trat auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht ein. Auf Nichteintreten schliesst nun auch das Bundesgericht und lässt die praktisch wichtige Frage aus prozessualen Gründen offen (BGer 1B_651/2011 vom 24.11.2011):
Über die Frage der Gültigkeit der Einsprache liegt noch kein endgültiger Entscheid vor. Wie bereits die Beschwerdekammer im vorliegend angefochtenen Entscheid ausgeführt hat (vgl. E. 2.2 des angefochtenen Entscheids) erwächst der Staatsanwaltschaft “kein Nachteil, da eine neuerliche Anfechtung bezüglich derselben Frage nach Erlass eines Endentscheids möglich ist”. Spätestens mit einer bundesgerichtlichen Beurteilung nach Ausfällung des Endentscheids könnte ein allfälliger Nachteil behoben werden, weshalb ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vorliegend zu verneinen ist (E. 4.1).
Vielleicht wäre es an der Zeit, die Kriterien des nicht wieder gutzumachenden Nachteils zu überdenken. Solche Nichteintretensentscheide lassen Fragen offen, die brennend interessieren und möglicherweise zur sofortigen Erledigung von Dutzenden von Einspracheverfahren führen würden.
Gestützt auf Art. 127 Abs. 5 StPO wird die Auffassung vertreten, dass die Einsprache einer Rechtsschutzversicherung ungültig sei.
Die Verteidigung der beschuldigten Person ist Anwältinnen und Anwälten vorbehalten, die nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 20001 berechtigt sind, Parteien vor Gerichtsbehörden zu vertreten; vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen der Kantone für die Verteidigung im Übertretungsstrafverfahren.
Falls der Betroffene erst nach Ausfällen eines Endentscheides vor Bundesgericht Recht erhielte, so wird er erfahrungsgemäss dennoch nicht für die lange Zeit der Ungewissheit und aller Umtriebe entschädigt.
Es verbleibt ihm damit erfahrungsgemäss ein nicht wieder gut gemachter Nachteil.
Richtig, aber eben: “erfahrungsgemäss” reicht dem Bundesgericht nicht. Im hier zitierten Fall ist es nicht so tragisch, denn Beschwerdeführerin war die Staatsanwaltschaft. Die ist für die lange Zeit ja fürstlich entschädigt.
Der Nachteil muss “rechtlicher Natur” sein. Lange Zeit der Ungewissheit und Umtriebe sind kein Nachteil rechtlicher Natur. Aber man sollte den Art. 93 BGG wirklich mal überdenken. Er ist für viele Anwälte eine Hürde, weil der Nachteil ausdrücklich substanziiert dargelegt werden muss (gemäss Rechtsprechung) und dies viele Anwälte vergessen.