Reingefallen!
Wenn die Staatsanwaltschaft der Verteidigung mitteilt, sie gedenke das Verfahren ohne Ausrichtung einer Entschädigung einzustellen, muss der Verteidiger dennoch eine Kostennote einreichen. Andernfalls verliert sein Klient die entsprechenden Ersatzansprüche. Dies ist im Ergebnis der Entscheid des Bundesgerichts, welcher in Fünferbesetzung gefällt wurde und zu demonstrieren scheint, dass die Staatskasse mindestens der Mehrheit der Mitglieder der Strafrechtlichen Abteilung wichtiger ist als die Entschädigungspflicht bei eingestellten Strafverfahren (BGer 6B_171/2020 vom 08.10.2020).
Vielmehr hätte es dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer oblegen – erst recht, nachdem die Staatsanwaltschaft vorab bekanntgab, auf die Zusprechung einer Parteientschädigung verzichten zu wollen – in einer förmlichen Eingabe an die Staatsanwaltschaft seinen gegenteiligen Standpunkt darzutun, diesen zu begründen und Anträge zu stellen. Dies stellt nicht wie vom Beschwerdeführer ausgeführt, einen Leerlauf dar, sondern entspricht dem gängigen Vorgehen und der Kernaufgabe der Verteidigung. Es ist denn auch nicht ersichtlich, inwiefern dem Beschwerdeführer durch das Einreichen der ohnehin zu erstellenden Honorarnote ein Mehraufwand entstanden wäre. Vor diesem Hintergrund kann der Vorinstanz kein überspitzter Formalismus vorgeworfen werden. Ansprüche aus Entschädigungsbestimmungen verwirken, wenn sie nicht bei der zuständigen Strafbehörde im betreffenden Strafverfahren geltend gemacht bzw. durchgesetzt werden, obwohl der Ansprecher dazu Gelegenheit gehabt hätte (SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 3. Aufl., N. 4 zu Vor Art. 416-436; vgl. Urteil 6B_130/2020 vom 17. September 2020 E. 1.4 mit Hinweisen, zur Publikation vorgesehen). Aufgrund dessen nimmt die Vorinstanz zu Recht an, dass die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs und die Einreichung der Honorarnote im obergerichtlichen Beschwerdeverfahren verspätet war (E. 3.4, Hervorhebungen durch mich).
Zu ergänzen ist, dass sich der Verteidiger auf die Ankündigung der Staatsanwaltschaft hin erfolglos per E-Mail nach den Gründen für die vorgesehene Abweichung von den gesetzlichen Kosten- und Entschädigungsfolgen erkundigt hatte. Den Anspruch machte der Beschwerdeführer erst (aber immerhin) im Beschwerdeverfahren geltend, was aber verspätet sein soll. Die Verweigerung einer Parteientschädigung, die ja immerhin von Amts wegen zu prüfen ist, ist somit nur anfechtbar, wenn man die Parteientschädigung vorher und im Wissen um die Abweisung beziffert hat.
Daraus folgt, dass man nicht per E-Mail mit Staatsanwälten kommunizieren soll (dem stimmt ich vorbehaltlos zu) und dass man auch dann eine Kostennote einreichen muss, wenn man wie im vorliegenden Fall bereits weiss, dass der Aufwand nicht entschädigt wird.
Mir scheint der entscheid über weite strecken nachvollziehbar zu sein. Bei der verwirkung müsste doch aber sichergestellt sein, dass das versäumen der frist nach treu und glauben als gänzlicher verzicht gewertet werden kann. Z. B. Wenn die frist schon lange verpasst ist und keinerlei reaktion im sinne einer nachfrage erfolgte. Hier aber war die konstellation nicht so. Vielmehr müsste doch das versäumnis so gewertet werden, dass auf die exakte bezifferung verzichtet wurde, was doch eine entschädigung nach ermessen zur folge haben müsste. Bei anderer gelegenheit sagt das bg auch (zurecht), dass von einem verzicht nur unter würdigung der gesamten umstände ausgegangen werden könne, soweit ein verzicht nicht ausdrücklich erfolgt.
@Entschädigung: So sehe ich es auch und so wird es übrigens in den Kantonen auch gehandhabt (Entschädigung nach Ermessen), aber halt leider nicht überall. In diesem Fall hatte die StA aber ja schon mitgeteilt, dass sie keine Entschädigung sprechen werde. Das darf man aber eben nicht ernst nehmen und muss trotzdem eine Kostennote einreichen. Was treibt eigentlich das Bundesgericht zu solcher Rechtsprechung?