Replikrecht verletzt

Dass insbesondere in Haftverfahren ein Anspruch darauf besteht, sich vor Erlass des Urteils zu allen Vorbringen der Gegenpartei äussern zu können, sollte sich eigentlich langsam herumgesprochen haben. Gestern hat das Bundesgericht einen Fall online gestellt, in dem das Replikrecht durch den Hafrichter verletzt wurde (BGer 1B_89/2008 vom 28.04.2008). Dennoch hat die kantonale Rechtsmittelinstanz die entsprechende Beschwerde abgewiesen. Das Bundesgericht korrigiert:

Es ist offensichtlich, dass die Haftrichterin der Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör hätte gewähren müssen. Sie hätte ihr Gelegenheit geben müssen, sich zur Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zu äussern, bevor sie über das Haftentlassungsgesuch entschied, und dies unbekümmert darum, ob die Staatsanwaltschaft neue Tatsachen vorbrachte oder nicht. Dieser Anspruch auf Replik (Replikrecht) ergibt für das Haftprüfungsverfahren aus der Rechtsprechung zu Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK (BGE 114 Ia 84 E. 3 S. 87 f.; Urteil 1P.541/2002 vom 8. November 2002, E. 2.1, publiziert in Praxis 2003 Nr. 64 S. 317, mit weiteren Hinweisen; Urteil des EGMR vom 21. Oktober 1986 i.S. Sanchez-Reisse, Serie A, Band 107, Ziff. 51, publiziert in EuGRZ 1988, S. 526) (E. 3.1).

Die beantragte Haftentlassung weist auch das Bundesgericht ab, obwohl das abgewiesene Haftentlassungesuch des Beschwerdeführers vom 23. Januar 2008 datierte und er mithin schon über ein Vierteljahr auf ein rechtsgültiges Urteil wartet.