Retrospektive Konkurrenz: Gesamtstrafe oder Kumulationsprinzip?

In einem neuen zur Publikation in der AS vorgesehenen Fall äussert sich das Bundesgericht einmal mehr zur Bildung von Strafen bei retrospektiver Konkurrenz (BGE 6B_180/2011 vom 05.04.2012). Obwohl die Vorinstanz zu Unrecht eine Gesamtstrafe ausgesprochen hat, unterliegt der Beschwerdeführer und kriegt zufolge Aussichtslosigkeit keine unentgeltliche Rechtspflege:

Massgeblich für die Anwendung des Asperationsprinzips ist damit, ob die zweite Tat vor der ersten Verurteilung im ersten Verfahren verübt wurde. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, kommt Art. 49 StGB auch im Rahmen einer allfälligen nachträglichen Verfahrensvereinigung (…) nicht zum Tragen, d.h. es sind ungeachtet der späteren Verfahrensvereinigung selbständige Strafen auszusprechen, da es um einen Fall von retrospektiver Konkurrenz geht und verfahrensleitende Entscheide betreffend die Verfahrensvereinigung keinen Einfluss auf die Strafhöhe haben können (E. 3.4).

Der Beschwerdeführer beging die vorliegend zu beurteilende versuchte schwere Körperverletzung, nachdem er am 28. April 2009 vom Obergericht erstinstanzlich für die am 4. November 2007 begangene Tat wegen schwerer Körperverletzung und Raufhandels verurteilt worden war. Das begründete Urteil des Obergerichts wurde am 8. Juni 2009 versandt. Der Beschwerdeführer wurde damit während der laufenden Rechtsmittelfrist für die Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht Zürich und die Beschwerde an das Bundesgericht erneut straffällig. Unter diesen Umständen geht das Obergericht zu Unrecht von der Anwendbarkeit von Art. 49 Abs. 2 StGB aus. Vielmehr hätte es eine selbständige Strafe aussprechen müssen. Die bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 49 Abs. 2 StGB wirkte sich nicht zuungunsten des Beschwerdeführers aus. Sie führt daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids.
Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer, soweit er geltend macht, die Vorinstanz habe dem Asperationsprinzip gemäss Art. 49 Abs. 2 StGB ungenügend Rechnung getragen, da dieses nicht zur Anwendung gelangt (E. 3.5).