Richter als Gefährder der „Justiz als Ganzes“

Das Appellationsgericht BS hat einen Staatsanwalt auf Antrag der Verteidigung in den Ausstand befördert, der sich in einer internen Aktennotiz abfällig über deren Verteidigungsstrategie geäussert hatte (BGer 1B_244/2021 vom 30.08.2021). Dass die Staatsanwaltschaft damit ans Bundesgericht gelangt, ist an sich schon aussergewöhnlich. Dass das Bundesgericht dann auch noch eintritt und die Beschwerde gutheisst, dürfte einmalig sein (BGer 1B_244/2021 vom 30.08.2021). Das Ergebnis lässt sich bereits den Erwägungen über das Eintreten entnehmen. Darin wirft das Bundesgericht der Vorinstanz zumindest indirekt vor, sie habe den Ausstand leichtfertig verfügt und damit die Justiz geschwächt:

Vorliegend ist das rechtlich geschützte Interesse der Staatsanwaltschaft an einer Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zwar nicht offensichtlich. Sie führt jedoch in überzeugender Weise aus, dass das dem vorliegenden Ausstandsverfahren zugrunde liegende Strafverfahren im Falle einer Bejahung des Ausstands von Staatsanwalt […] zu verjähren drohe, sofern die umfangreichen Beweiserhebungen zufolge Ausstands wiederholt werden müssten. Der Ausstand von Staatsanwalt […] hätte damit weitreichende Konsequenzen. Leichtfertige Ausstandsentscheide in derart komplexen Verfahren würden die Justiz als Ganzes schwächen und eine effektive Strafverfolgung in der Schweiz verhindern. Die Beschwerdeführerin hat mit diesen Ausführungen deshalb hinreichend dargelegt, dass sie über ein rechtlich geschütztes Interesse verfügt (E. 1.2, Hervorhebungen durch mich). 

Ein möglicherweise befangener Staatsanwalt ist für die Justiz und die effektive Strafverfolgung aber offenbar kein Problem. Hier der Wortlaut, an dem sich die Verteidigung und die Vorinstanz störte:

„[Der beschuldigte] Dr. A. hat sich bis anhin weitestgehend geweigert, als beschuldigte Person Aussagen zum Tatgeschehen zu machen, hat die Begutachtung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln (mehrere Beschwerden und absurde Anträge der Verteidigung) verzögert, hat trotz wiederholter Aufforderungen und Gelegenheiten keine Ergänzungsfragen an die Gutachter gerichtet und liefert nun über seinen Verteidiger eine eigene Chronologie der Ereignisse aus seiner Sicht ab, die aber in den bisherigen, zeitnah verfassten Erinnerungsprotokollen auch von nicht beschuldigten und damit neutralen Personen, wie Frau B., keinerlei Stütze finden.“

Aus dem Entscheid des Bundesgerichts ist ersichtlich, dass dem Staatsanwalt auch andere Verfehlungen vorgeworfen wurden, mit denen sich das Bundesgericht wohlwollend auseinandersetzt. Es schliesst mit der folgenden (tatsächlichen) Feststellung:

Entgegen dem Urteil der Vorinstanz hat Staatsanwalt […] damit keinen Anschein von Befangenheit erweckt. Die Vorinstanz hat demzufolge Bundesrecht verletzt, indem sie die Voraussetzungen von Art. 56 lit. f StPO als erfüllt ansah und einen Ausstandsgrund bejahte. 

Staatsanwälte sind einfach die besseren Beschwerdeführer. Sie gewinnen selbst aussichtslose Fälle.