RK-NR: Entschädigung der amtlichen Verteidigung
Im Rahmen der derzeit laufenden Revision der StPO schlägt der Bundesrat eine Änderung von Art. 135 StPO vor. Danach soll Art. 135 Abs. 4 lit. b StPO gestrichen werden. Der amtlichen Verteidigung ist es damit nicht mehr möglich, die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar geltend zu machen, auch wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klienten dies zulassen würden. Es profitieren wohlhabende Beschuldigte, die amtlich notwendig verteidigt werden, und zwar zum “Armentarif”. Es verlieren die amtlichen Verteidigerinnen, deren gesetzliche Sorgfaltspflichten unabhängig vom Tarif gelten. Für den Staat ist die Änderung übrigens neutral, denn er kann sich die Verfahrenskosten weiterhin erstatten lassen, wenn der Verurteilte zahlen kann. Dieser Teil von Abs. 4 wird nicht gestrichen.
Der in der NZZ kritisierte Vorschlag der RK-NR (vgl. meinen früheren Beitrag) schlägt eine Ergänzung von Art. 135 Abs. 1 StPO vor, der neu wie folgt lauten soll:
Die amtliche Verteidigung wird nach dem Anwaltstarif des Bundes oder desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde. Die Anwaltstarife unterscheiden nicht zwischen dem Honorar einer amtlichen Verteidigung und einer Wahlverteidigung.
Dieser Vorschlag führt zugestandenermassen zu höheren Kosten der amtlichen Verteidigung für den Staat, dies aber nur, wenn der Beschuldigte freigesprochen wird oder wenn er prozessarm ist und bleibt. Der Vorschlag löst aber immerhin das Problem, dass sämtliche an einem Strafprozess beteiligten Dienstleister (Richter, Staatsanwälte, Dolmetscher, Gutachter, Medienvertreter) voll bezahlt sind. Nur die Verteidigung ist de lege lata verpflichtet, zum Armentarif zu arbeiten, und zwar egal wie wohlhabend die Beschuldigten sind und egal, wie schwierig und belastend und aufwändig die Sache ist.
Gibt es eigentlich auch Kantone, in denen die Listen für amtliche Mandate nicht voll sind und RA* verpflichtet werden müssen?
135 IV ist tatsächlich eine sehr problematische Norm, da Sie für den Verteidiger Anreize schafft, den Prozess zu verlieren.
Was mich schon immer Wunder nahm: Gibt es tatsächlich Fälle, in welchen der Verurteilte nachträglich tatsächlich die Kosten zurückzahlen musste? Mir ist nämlich kein einziger solcher Fall bekannt…
Doch doch, das kommt durchaus vor.
@ KJ
“Armentarife”
Ich denke auch nicht bei sehr hohen Kosten in der Schweiz bei 180 bis 200 Franken Netto bei der Amtlichen Verteidigung von “Armentarifen” geredet werden kann. Wenn ich mir viele Praxen (aber nicht alle Praxen und natürlich gelten die Ausnahmen Zürich, Genf und Basel) die Praxen in ihrem Land so anschaue, dann denke ich nicht das es zbs. für einen Strafverteidiger nötig ist in der besten Lage der Stadt oder in massiv überteuerten Büros anzumieten um dann 500 oder 380 Franken per Stunde Netto zu verlangen. Mit 200 Franken die Stunde kommt man in angemessenen Räumen nach meiner Erfahrung gut klar.
@Tades: Nicht alle kriegen 200.00. Und der geltend gemachte Aufwand wird oft massiv gekürzt. Die Mieten sind in einer Anwaltskanzlei kein grosser Kostenblock. So einfach ist das alles nicht.
@ Kj
Danke für die Info. Das überrascht mich nun wirklich das die Mieten nicht der Hauptposten sind. . Das mit dem Kürzen ist mir schon aufgefallen und empfinde ich als unanständig. . Sehr unanständig. Was ist denn der größte Kostenblock einer Kanzlei? Sind es die Lohnkosten der Angestellten?
@kj, das überrascht mich nun wirklich das die riesigen Mieten nicht der Hauptposten sind. Sind es etwa die Personalkosten die eine Kanzlei so teuer machen oder ein riesiger Kammerbeitrag ?
@Tades: klar, die Personalkosten.