Rückzugsfiktion nicht ohne Zustellung der Vorladung

Die gesetzliche Rückzugsfiktion nach Art. 355 Abs. 2 StPO kommt nicht zur Anwendung, wenn die beschuldigte Person nicht rechtskonform vorgeladen wurde. Das Bundesgericht heisst eine entsprechende Beschwerde gegen einen Entscheid des Appellationsgerichts BS gut (BGer 6B_328/2020 vom 20.05.2021):

Die nicht rechtskonforme Vorladung zur Einvernahme vom 5. Juni 2019 steht der Rückzugsfiktion im Sinne von Art. 355 Abs. 2 StPO entgegen. Der angefochtene Entscheid verstösst bereits aus diesem Grund gegen Bundesrecht (E. 2.4). 

Zustellung an den Anwalt ist übrigens nicht unbedingt genügend:

Ebenso wenig stellt die Vorinstanz fest, der Beschwerdeführer habe ein Zustelldomizil an der Adresse seines amtlichen Verteidigers kommuniziert. Die Vorinstanz beruft sich vielmehr auf Art. 87 Abs. 3 StPO und hält fest, die Vorladung sei dem amtlichen Verteidiger zugestellt worden, welcher seinen Klienten informiert und mit diesem am Abend vor der geplanten Einvernahme telefoniert habe. Letzteres wird vom Verteidiger bestritten (E. 2.4).