Säumiger Strafverteidiger?

Nachdem weder der Beschuldigte noch sein Verteidiger zur Hauptverhandlung erschienen waren, erkannte der Gerichtspräsident die Absenzen als unentschuldigt und schrieb das Verfahren als durch Rückzug der Einsprachen gegen zwei Strafbefehle erledigt ab. Diesee wurden somit rechtskräftig. Der Hauptverhandlung ging ein Briefwechsel zwischen dem Verteidiger und dem Gerichtspräsidenten voraus, weil der Verteidiger knapp drei Monate vor der Hauptverhandlung deren Verschiebung wegen einer Sitzung des Grossen Rates, dem er angehört, beantragte. Mit Urteil vom 17. Februar 2006 (1P.729/2005) hat das Bundesgericht das letzte Rechtsmittel gegen den Entscheid des Gerichtspräsidenten abgewiesen. Aus der Begründung:

In seinem Strafverfahren von doch eher bescheidener Tragweite hatte der Beschwerdeführer unter diesen Umständen keinen unbedingten Anspruch darauf, dass das Gericht den längst festgelegten Verhandlungstermin verschiebe, weil dieser dem neu zugezogenen Anwalt nicht passte. Nach der Ablehnung des in der Person von Rechtsanwalt Hollinger begründeten Verschiebungsgesuchs hatte der Beschwerdeführer noch rund 2 ½ Monate und damit ausreichend Zeit, einen anderen, am 28. Juni 2005 verfügbaren Anwalt mit seiner Interessenwahrung zu beauftragen und seine Verteidigungsrechte in vollem Umfang wahrzunehmen. Sind somit am 28. Juni 2005 sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Anwalt unentschuldigt nicht zur Hauptverhandlung erschienen, ist nicht zu beanstanden, dass der Gerichtspräsident 3 die gesetzlichen Säumnisfolgen eintreten liess, und das Obergericht konnte dieses Vorgehen im angefochtenen Entscheid ohne Verfassungsverletzung schützen, die Rüge ist unbegründet (E. 2.5, Hervorhebungen durch mich).

Zu einem anderen Ergebnis kam das Bundesgeicht in BGE 127 I 213. Dort war eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 3 lit. c EMRK sowie eine Missachtung von Art. 29 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 und Art. 29 Abs. 3 BV festgestellt worden, obwohl die Verteidigerin erschienen war. Es ging aber um eine unbedingte Freiheitsstrafe von 16 Monaten. Damit scheint das Bundesgericht die Bedeutung der Verteidigungsrechte von der Schwere des zu beurteilenden Straffalls abhängig zu machen, was zu begrüssen ist. Weniger überzeugend ist, dass eine Parlamentssitzung keinen Entschuldigungsgrund darstellen soll und dass der Beschuldigte damit gezwungen wird, seinen Verteidiger zu wechseln. Erklärbar ist dies alles nur, wenn man den ganzen Sachverhalt mit der Vorgeschichte liest.