Schenkkreis-Morde: Verurteilungen bestätigt
Das Bundesgericht bestätigt die Urteile des Obergerichts des Kantons Solothurn zu den Schenkkreis-Morden im Jahr 2009 (vgl. dazu die drei Urteile des Bundesgerichts vom 28.01.2015, 6B_644/2014, 6B_648/2014 und 6B_673/2014, alle in Fünferbesetzung). In einem Punkt hätte ich den Beschwerden zumindest auf den ersten Blick Chancen eingeräumt:
alle drei Beschuldigten wurden nämlich durch denselben Sachverständigen psychiatrisch begutachtet. Das Bundesgericht sah darin aber im konkreten Fall keine Rechtsverletzung:
In der Literatur wird zwar verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die Konstellation, in welcher zwei Mitangeklagte durch einen einzigen Gutachter psychiatrisch beurteilt werden, problematisch sein kann. Danach müsse der Anschein der Befangenheit jedenfalls dann bejaht werden, wenn aufgrund der Fragestellung an den Sachverständigen die Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sich dieser im Hinblick auf die Beziehung zwischen den beiden Angeklagten nicht frei, sondern nur unter Mitberücksichtigung des anderen Exploranden äussern könnte (…). Im zu beurteilenden Fall ist jedoch weder aus den mündlichen noch den schriftlichen Äusserungen des Experten ersichtlich, dass der Sachverständige sich bei der Erstellung der Gutachten über die Mitangeklagten X. und Z. in einer Weise festgelegt hätte, die ihn in seiner Freiheit bei der Beurteilung des Beschwerdeführers beeinträchtigt hätte, so dass er sich nicht mehr frei hätte äussern können. Das Gutachten basiert einerseits auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers durch den Experten (…) und andererseits auf den Verfahrensakten. Die Standpunkte der Mittäter waren für den Gutachter schon aus diesen Aken ersichtlich. Aus den Gesprächen mit den Mitangeklagten erlangte der Gutachter mithin keine Kenntnis über Tatsachen, die ihm nicht schon aus den Akten bekannt waren. Zudem hat der Gutachter seine Erhebungen umfassend dokumentiert und offengelegt. In sämtlichen Gutachten sind die lebensgeschichtlichen Angaben und die Angaben zu den Tatvorwürfen, insbesondere zur Beziehung zu den Mitangeklagten ausführlich wiedergegeben (…). Dass der Gutachter über ein breites fallbezogenes Wissen verfügt hätte, welches nicht aktenkundig geworden sei und die Beurteilung verfälscht habe, lässt sich daher nicht sagen. Dies ergibt sich im Übrigen schon daraus, dass die Staatsanwaltschaft dem Beschwerdeführer wie auch den beiden Mitangeklagten alle drei Gutachten zur Kenntnis- und Stellungnahme zugestellt hat. Soweit die Gespräche mit den Mitangeklagten nicht aus dem den Beschwerdeführer selbst betreffenden Gutachten ersichtlich sind, ergeben sie sich somit jedenfalls aus den Gutachten über die Mitangeklagten. Über ein ihm vorenthaltenes zusätzliches Wissen, das über die Erkenntnisse aus den Akten hinausreichen würde (…), hat der Gutachter mithin nicht verfügt. Zudem ist daran zu erinnern, dass dem Gutachter nicht die Ermittlung des Sachverhalts und dessen rechtliche Würdigung oblag, sondern er sich ausschliesslich zu Fragen des psychiatrischen Befundes und einer allfälligen Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit zu äussern hatte. Die Vorinstanz weist in diesem Zusammenhang denn auch darauf hin, dass der Experte in keinem seiner Gutachten unter den Beteiligten eine Hierarchie beschrieb oder eine Rollenverteilung bei der Tatausführung festlegte (…). Schliesslich ist im zu beurteilenden Fall auch keine Verletzung der prozessualen Schweigepflicht erkennbar. Denn die Schweigepflicht gemäss Art. 73 StPO (vgl. auch Art. 320 StGB) besteht nur gegen aussenstehende Personen, nicht aber gegenüber den Verfahrensbeteiligten, soweit Parteiöffentlichkeit besteht (…). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, welche Informationen aus den mit den beiden Mitangeklagten X. und Z. geführten Gesprächen der Gutachter unberechtigterweise an den Beschwerdeführer weitergeleitet haben soll, zumal sich deren Standpunkte bereits aus den Akten ergaben. Insgesamt ist die Mehrfachbegutachtung durch den Sachverständigen Dr. E. somit nicht zu beanstanden (E. 5.2 aus 6B_648/2014).
Zusammenfassen kann man den Entscheid dahingehend, dass das Gutachten technisch gut erstellt und damit “wasserdicht” war. Etwas anderes konnte jedenfalls nicht belegt werden. Ich persönlich verstehe allerdings nicht, aus welchen sachlichen Gründen man in einem derart bedeutenden Fall einen und denselben Gutachter mit der Beurteilung aller Beschuldigten betrauen kann. Mengenrabatt wird der Gutachter ja wohl nicht gewährt haben. Noch viel weniger verstehe ich, dass der besagte Gutachter alle drei Aufträge angenommen hat.
@kj: Der betr. Gutachter würde Ihnen auf Nachfrage hin wohl kaum seine entscheidenden Motive sagen, aber mit ein bisschen intensiverem Nachdenken werden Sie bestimmt auch noch drauf kommen 😉
Das versuche ich übers Wochenende …
Immerhin wurde dann wohl dreimal der gleiche Masstab angelegt – statt dass drei verschiedene Gutachter/innen ihre jeweiligen Meinungen zum Besten gegeben haben. Psychiatrische Begutachtung ist ja keine exakte Wissenschaft (jedenfalls nicht nach meinem Verständnis).
Dreimal der gleiche Massstab wäre nur dann möglich, wenn GutachterInnen über längere Zeit zuverlässig an bestimmten Kriterien festhalten….