Schläger-Urteile bestätigt
Das Bundesgericht hat die Urteile zu den Beschwerden der sechs Neonazis online gestellt, die im Kanton Thurgau zwei Jugendliche massiv angegriffen und verletzt hatten. Das Obergericht des Kantons Thurgau hatte die Täter zu Zuchthausstrafen von bis zu sechseinhalb Jahren verurteilt, u.a. wegen versuchter vorsätzlicher Tötung. Näheres zum Sachverhalt findet sich in den Urteilen selbst, oder zusammengefasst in der NZZ
Interessant ist ein Auszug aus der Rüge eines Täters, der Anklagegrundsatz sei verletzt (6S.417/2006 vom 21.02.2007):
Im Übrigen sind die Rügen des Beschwerdeführers unbegründet. Die Anklageschrift schildert den Sachverhalt sehr eingehend. Sie wirft dem Beschwerdeführer und seinen Mittätern alle wesentlichen Tathandlungen hinreichend genau und detailliert vor. Ob darin eine versuchte schwere Körperverletzung oder gar Tötung zum Nachteil von B. zu sehen ist oder – wie vom Staatsanwalt in der Anklageschrift vertreten – eine einfache Körperverletzung und Unterlassung der Nothilfe sowie eventuell eine Gefährdung des Lebens und ein Angriff, ist eine rechtliche Würdigung, an welche das Obergericht nicht gebunden war.
Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, und es ist auch nicht ersichtlich, dass der Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung zum Nachteil von B. für ihn überraschend gekommen sei und das Obergericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und seine Verteidigungsrechte verletzt habe. Angesichts der gleichzeitigen Anklage wegen versuchter Tötung zum Nachteilvon A. musste der Beschwerdeführer auch in Bezug auf das andere Opfer mit einer schwereren rechtlichen Qualifizierung der Tat rechnen, und er hatte jedenfalls im obergerichtlichen Verfahren Gelegenheit, zu diesem Vorwurf Stellung zu nehmen. Da die Anklage auch den für die subjektiven Kriterien des Tatbestandes der versuchten schweren Körperverletzung massgebenden Sachverhalt enthält (dazu angefochtenes Urteil, S. 28), verletzt der angefochtene Entscheid den Anklagegrundsatz und damit die verfassungsmässigen Rechte des Beschwerdeführers nicht. Die subjektiven Tatbestandselemente lassen sich in vorliegendem Fall allein aus den äusseren Tatumständen herleiten, weshalb es unter dem Gesichtspunkt des Anklagegrundsatzes nicht zu beanstanden ist, dass die Anklageschrift sich nicht ausdrücklich dazu äussert, was der Beschwerdeführer wollte und was er in Kauf nahm (E. 4.3).
Natürlich ist das Obergericht nicht an die rechtliche Würdigung der Anklage gebunden. Man wüsste ja aber als Beschuldigter oder Verteidiger schon gern auch, gegen welche rechtliche Würdigung man sich denn verteidigen soll. Bemerkenswert erscheint auch die Feststellung des Bundesgerichts, die subjektiven Tatbestandselemente liessen sich allein aus den äusseren Tatumständen herleiten.