Schon wieder: Anklageprinzip verletzt

Das Bundesgericht hebt ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich wegen Verletzung des Anklageprinzips auf (6S.43/2006 vom 14.12.2006). Der Eidgenössischen Spielbankenkommission ESBK wurde zum Verhängnis, dass sie in der als Anklageschrift dienenden Überweisungsverfügung falsch zwischen Geldspielautomaten (Glücksspiel- oder Geschicklichkeitsspielautomaten) und Unterhaltungsspielautomaten abgegrenzt hatte (Art. 56 Abs. 1 lit. a und c SBG):

Die Überweisung der ESBK, die als Anklageschrift gilt, nennt zwar abschliessend die anwendbaren Strafbestimmungen (Art. 56 Abs. 1 lit. a und c SBG), doch entsprechen die vorangehenden Sachverhaltsdarstellungen in der Anklageschrift nicht den Tatbestandsmerkmalen dieser Straftatbestände. Es wird weder behauptet noch näher dargetan, dass die beschlagnahmten Geräte Glücks- und nicht blosse Geschicklichkeitsspielautomaten darstellten und auch nicht, dass sie zu Glücksspielen eingesetzt worden seien. Beim Glücksspielcharakter des Spielautomaten handelt es sich jedoch wie erläutert um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der eingeklagten Strafbestimmung,welches für die Abgrenzung des anwendbaren Rechts entscheidend ist. Dem Text der Überweisung lässt sich nicht entnehmen, dass die ESBK davon ausgeht, dass es sich bei den vom Beschwerdeführer eingesetzten Apparaten um Glücksspielautomaten handle. Sie vertritt vielmehr die Auffassung, dass der Beschwerdeführer die von ihr erwähnten Tatbestände von Art. 56 SBG unabhängig von der Qualifikation der Geräte als Glücks-, Geschicklichkeits- oderUnterhaltungsspielautomaten erfüllt. So führt
sie aus, die Verletzung von § 4 UGG werde mittelbar auch vom Bundesrecht erfasst, und Verletzungen der Pflicht zur Homologation stellten unabhängig von der Art des Geldspielautomaten eine Übertretung gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. c SBG dar. Das Obergericht folgt dieser Auffassung angesichts des eindeutigen Wortlauts
der fraglichen Strafbestimmungen zwar zu Recht nicht. Es unterstellt indessen, die ESBK habe mit der Überweisung die Geräte zumindest indirekt als Glücksspielautomaten eingestuft. Diese Interpretation ist offensichtlich verfehlt, nachdem die Lückenhaftigkeit der Überweisung ihren Grund wie dargestellt in der unzutreffenden Auslegung von Art. 56 SBG hat (E. 1.5.1).

Bemerkenswert sind die Erläuterungen des Bundesgerichts zur Wiederholung des Verfahrens vor der Vorinstanz:

Im neuerlichen Verfahren wird die Anklagebehörde sowohl in Bezug auf lit. a als auch hinsichtlich lit. c von Art. 56 Abs. 1 SBG das Vorliegen von Glücksspiel zu behaupten und zu beweisen haben. Für den Fall, dass dieser Nachweis gelingen sollte, ist zu beachten, dass nur der vorsätzliche Betrieb von Glücksspielautomaten strafbar ist. Mangelndes Wissen um die Qualifikation der Geldspielautomaten ist dem Beschwerdeführer erst vorwerfbar ab dem Moment, in dem ihn auch eine Pflicht traf, die Zulässigkeit der betriebenen Automaten zu überprüfen (E. 1.5.3).

Hier ist mir nicht klar, wie die Anklage noch zu retten sein soll. Behauptungen und Beweise zu Themen, die gar nicht überwiesen sind, verletzen das Anklageprinzip doch erneut. Höchst bemerkenswert sind m.E. auch die Ausführungen zum subjektiven Tatbestand. Diesen Ansatz muss sich jeder Strafverteidiger merken.