Schrot gegen Einbrecher

In einer “bernlastigen” Besetzung weist das Bundesgericht eine Beschwerde gegen ein Urteil des Obergerichts BE ab (BGer 7B_13/2021 vom 05.02.2024). Vom Berufungsurteil bis zum Bundesgerichtsurteil vergingen über drei Jahre. Die zu beurteilende Handlung erfolgte im Jahr 2016.

Das Urteil des Bundesgerichts erging in Dreierbesetzung und war dem Bundesgericht eine Medienmitteilung wert. Dieser kann das Wesentliche wie folgt entnommen werden:

In der Nacht vom 1. auf den 2. Oktober 2016 drang eine Personengruppe auf den Bauernhof in Niedermuhlern/BE ein, wo der Landwirt Hanf bzw. Marihuana anbaute. Dieser versuchte mit Helfern die Eindringlinge zu vertreiben. Einen der Flüchtenden brachte er zu Fall und sperrte ihn in den Rübenkeller. Als seine Komplizen versuchten, ihn zu befreien, lud der Landwirt seine Schusswaffe mit Hasenschrotpatronen und begab sich zur Tenne, wo sich die Eindringlinge befanden. Beim Betreten stach ihm eine Person schwungvoll mit einer Mistgabel in die Hand. Als die Eindringlinge die Waffe bemerkten, ergriffen sie die Flucht und suchten bei einem Hoflader Deckung. Einige Sekunden später gab der Landwirt einen unkontrollierten Schuss in deren Richtung ab. Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte den Landwirt 2020 wegen versuchter schwerer Körperverletzung, Betäubungsmitteldelikten und weiterer Straftaten zu 46 Monaten Freiheitsstrafe, einer Geldstrafe und einer Busse. Im Zusammenhang mit der versuchten schweren Körperverletzung durch die Schussabgabe erwog es, der Landwirt habe die Grenzen der zulässigen Notwehr überschritten. Sein Notwehrexzess sei nicht entschuldbar.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde des Mannes ab. Er hatte im Wesentlichen argumentiert, bei der Schussabgabe in rechtfertigender Notwehr gehandelt zu haben. Das Bundesgericht erinnert an die Voraussetzungen, die in solchen Situationen zur Notwehr berechtigen: Eine Person muss angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht werden und die Abwehr muss aufgrund der Umstände als verhältnismässig erscheinen. Der unvermittelte Schusswaffengebrauch kann grundsätzlich nur das letzte Verteidigungsmittel sein. Im konkreten Fall hat das Eindringen auf den Hof des Verurteilten dessen Hausrecht verletzt; dies stellte für sich alleine aber noch keine Gefahr für Leib und Leben dar. Eine solche Gefahr bestand zwar beim späteren Angriff mit der Mistgabel – indessen nicht mehr bei der darauffolgenden Schussabgabe. Die Eindringlinge hatten sich zuvor bereits entfernt und bei einem Hoflader Deckung gesucht. Mit der unvermittelten und unkontrollierten Schussabgabe auf die nur wenige Meter entfernten Personen überschritt der Beschwerdeführer sein Recht auf Notwehr erheblich. Zwar war er im fraglichen Zeitpunkt noch emotional aufgewühlt. Die beim Mistgabel-Angriff bestehende Notwehrlage war jedoch bereits beendet. Das Bundesgericht weist auch die weiteren Einwände des Betroffenen gegen seine Verurteilung und die vorinstanzliche Strafzumessung ab.