“Schweigen gegen den Staat”

Unter dieser Schlagzeile äussert sich die NZZ zu den aktuellen Entwicklungen im NSU-Prozess in München. Die offenbar besonders scharf beobachtende Autorin versucht, aus dem als manipulativ dargestellten Verhalten der Beschuldigten auf ihre Rolle bei den zu beurteilenden Straftaten zu schliessen.

Hier ein paar Zitate aus einer m.E. völlig missglückten Gerichtsreportage:

Mit ihrem Verhalten bestätigt [B.Z.] jenes Bild, das die Ankläger der Bundesanwaltschaft von ihr zeichnen: Die ausgebildete Gärtnerin sei kein treusorgendes, unbedarftes Hausmütterchen gewesen, das im Untergrund 13 Jahre lang nur für die leiblichen Bedürfnisse ihrer Nazi-Freunde [U.W.] und [U.B.] gesorgt habe. Vielmehr sei sie eine starke Frau mit einem eigenen Kopf und einem sturen Willen. Und eine Frau, die um ihres Zieles willen Personen, vorzugsweise Männer, manipuliert.

Noch im ersten Prozessjahr schäkerte sie mit den Anwälten Heer und Stahl und stibitzte ihnen auch einmal kokett lächelnd Bonbons. Nun würdigt sie die beiden keines Blickes mehr. Dafür lacht sie den Ende Juni neu bestellten, erst 30-jährigen vierten Pflichtverteidiger regelmässig an, beugt sich zu ihm hin und unterhält sich mit ihm.

Die Bundesrepublik lehnte [B.Z.] ab. Die Anklage geht daher auch davon aus, dass sie zur Destabilisierung derselben die Morde und Raubüberfälle des NSU mit plante.

Zum anderen könnte sie es als ihre letzte Chance ansehen, den von ihr nie als legitim angesehenen Staat noch einmal so richtig zu ärgern und eines seiner Organe, den Münchner Senat, schachmatt zu setzen. Sollte das ihre Motivation sein, so wäre dies ein weiteres Indiz dafür, dass sie den NSU inhaltlich prägte und die Anschläge aus innerer Überzeugung mit vorbereitet hatte. [B.Z.] wäre in diesem Fall nicht nur Mitläuferin – sondern Mittäterin.

Es kann zwar durchaus sein, dass die Autorin ins Schwarze trifft. Aber ist das ihre Aufgabe?