Sicherheitshaft auch nach Verbüssung der Strafe
In einem zur Publikation vorgesehenen Entscheid kommt das Bundesgericht zum Ergebnis, dass Sicherheitshaft auch dann angeordnet werden kann, wenn der Betroffene die Strafe verbüsst hat, aber ein Verfahren betreffend nachträgliche Änderung der Sanktion eingeleitet wurde (BGE 1B_378/2011 vom 15.08.2011). Der Betroffene war ursprünglich zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten und einer ambulanten Massnahme verurteilt worden. Die Rechtskraft dieses Urteils hat das Obergericht im nachträglichen Verfahren aufgehoben – wie immer das auch begründet wurde. Offenbar reichte es, dass in Kenntnis der neuen Tatsachen die Anordnung einer (kleinen) Verwahrung möglich gewesen wäre.
Jedenfalls machte der Beschwerdeführer vor Bundesgericht m.E. überzeugend geltend,
er habe seit dem 8. Juli 2011 seine Haftstrafe von insgesamt 30 Monaten vollständig verbüsst. Um Sicherheitshaft im Verfahren betreffend nachträgliche Änderung der Sanktion anordnen zu können, bedürfe es nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Entscheid in Sachen Borer gegen Schweizerische Eidgenossenschaft vom 10. Juni 2010) einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage. In der Schweizerischen Strafprozessordnung aber fehle eine Bestimmung, welche es erlaube, ihn über den beendeten ordentlichen Strafvollzug hinaus in Haft zu belassen. Da nicht die Beurteilung einer neuen Straftat in Frage stehe, könnten insbesondere die Art. 221 und Art. 229 f. StPO nicht herangezogen werden. Im Übrigen sei gemäss BGE 136 IV 156 eine Umwandlung einer ambulanten in eine stationäre Massnahme nach vollständiger Verbüssung der Strafe nur in klaren Ausnahmefällen und unter strenger Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips zulässig. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt (E. 2.1).
Das Bundesgericht schmettert das Argument wie folgt ab:
Nichts zu seinen Gunsten ableiten kann der Beschwerdeführer aus dem von ihm angeführten Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen Borer gegen Schweizerische Eidgenossenschaft vom 10. Juni 2010. Dieser Entscheid betrifft nicht die damals noch nicht in Kraft stehende Schweizerische Strafprozessordnung, sondern die bisherige Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt, welche terminologisch nicht zwischen Untersuchungs- und Sicherheitshaft unterschied (E. 2.2.2).
Der Rest war dann einfach. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Entscheid dem EGMR vorgelegt wird.
selbst nach einem weiteren diesbezüglichen urteil des emgr wird sich an der eidgenössischen praxis wenig ändern.