Sicherheitshaft für Gefangene wegen gefährlicher Haftentlassung
Eine altrechtlich verwahrte Frau kam im Jahr 2007 in den „Genuss“ einer neurechtlichen kleinen Verwahrung nach Art. 59 Abs. 1 StGB. Weil die gesetzliche Dauer der Massnahme von fünf Jahren verstrich, bevor über eine Verlängerung entschieden war (selbständiges nachträgliches richterliches Verfahren nach Art. 363 ff. StPO), wurde die Frau durch die Verfahrensleitung des zuständigen Obergerichts in Sicherheitshaft versetzt, die inzwischen mehrfach verlängert wurde. Das Obergericht hat die Massnahme nun zwar rückwirkend verlängert, sein Entscheid ist aber noch nicht rechtskräftig, sodass die Sicherheitshaft nach Erlass des Massnahmenentscheids wiederum zu verlängern war. Die Verlängerung erfolgte wiederum durch die Verfahrensleitung des Gerichts. Dagegen wehrte sich die Betroffene beim Bundesgericht. Das Bundesgericht tritt in einem zur Publikation vorgesehenen Entscheid auf die Beschwerde ein, weist sie aber ab (BGE 1B_126/2013 vom 18.04.2013).
Das Bundesgericht hält zunächst fest, dass das Obergericht für die Verlängerung der Sicherheitshaft zuständig war.
1.3 Die haftrichterliche Zuständigkeit des Obergerichtes im Rahmen von Prozessen, die bei ihm anhängig sind, beschränkt sich nicht auf das Berufungsverfahren (…). Die in der Beschwerde erhobene Rüge, die Verfahrensleitung des Obergerichtes sei für die Behandlung des Antrages vom 5. März 2013 um Verlängerung der Sicherheitshaft gar nicht (mehr) zuständig gewesen, erweist sich als unbegründet. Die Kompetenz eines unterinstanzlichen kantonalen Gerichtes (Zwangsmassnahmengericht) zur Überprüfung von strafprozessualen Verfügungen bzw. verfahrensleitenden Anordnungen des Obergerichtes im Rahmen von nachträglichen Massnahmenentscheiden erschiene im Übrigen systemwidrig (vgl. Art. 230-233 StPO; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2005 S. 1085 ff., 1235 Ziff. 2.5.3.6).
1.4 Das Obergericht hat als einzige kantonale Instanz entschieden (vgl. Art. 222 Satz 2 i.V.m. Art. 232-233 StPO bzw. Art. 227 i.V.m. Art. 229 Abs. 3 lit. b StPO). Der Haftverlängerungsentscheid der Vorinstanz ist mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht anfechtbar (Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BGG; vgl. MARC FORSTER, in: Basler Kommentar StPO, Basel 2011, Art. 222 N. 7). Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind erfüllt.
Gestützt auf diese medizinisch-psychiatrischen Legalprognose erwägt das Obergericht, es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin bei einer sofortigen und unvorbereiteten Entlassung aus dem geschützten Rahmen der psychiatrischen Klinik mit der Lebensführung überfordert wäre. Entsprechendes habe sie anlässlich der obergerichtlichen Verhandlung vom 10. Januar 2013 auch (sinngemäss) selber zu Protokoll gegeben. Dieser Umstand und das plötzliche Einwirken weiterer möglicher Stressfaktoren „würden mit grosser Wahrscheinlichkeit zu einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes führen, mit dem Risiko des Auftretens von positiven Schizophreniesymptomen“. Bei einer Haftentlassung sei daher im heutigen Zeitpunkt „von einer rechtlich relevanten Gefahr auszugehen“. Dieser könne einstweilen nur mit einer weiteren Inhaftierung begegnet werden. Diese Erkenntnis habe das Obergericht auch dazu geführt, die stationäre therapeutische Massnahme mit Urteil vom 1. Februar 2013 bis zum 13. März 2014 zu verlängern. Es gehe darum, „dem mittelfristigen Rückfallrisiko der Verurteilten entgegenzuwirken, indem eine abrupte Entlassung in Freiheit verhindert und der weitere Massnahmenvollzug sichergestellt wird“ (angefochtener Entscheid, S. 5) [E. 3.5.3].
Den Gefahren einer Haftentlassung kann also nur durch weitere Inhaftierung begegnet werden. Dem kann tatsächlich wenig entgegengesetzt werden.