Simualtion als Falschbeurkundung?
Wer dem Migrationsamt einen inhaltlich unwahren (nicht dem Parteiwillen entsprechenden) Arbeitsvertrag vorlegt, um eine Aufenthaltsbewilligung der Kategorie B erhältlich zu machen, begeht entgegen der Auffassung des Obergerichts des Kantons Aargau kein Urkundendelikt (BGer 6B_72/2015 vom 27.05.2015).
Das Bundesgericht qualifiziert den Vertrag als Simulation und damit entsprechend seiner Praxis als einfache schriftliche Lüge:
Der Vereinbarung eines schlichten Einzelarbeitsvertrags gemäss Art. 319 OR kommt unter dem Gesichtspunkt der Falschbeurkundung kein Urkundencharakter zu (vgl. BGE 123 IV 61 E. 5c/cc S. 69 oben). Dies gilt ebenso für dessen Simulation. An dieser Rechtslage ändert die Tatsache nichts, dass die Vertragsurkunde nach der Feststellung der Vorinstanz verfasst wurde, um durch die “Täuschung der Behörden” (Art. 118 AuG) eine Arbeitsbewilligung zu erlangen bzw. dass der Beschwerdeführer die Mitwirkungspflichten gemäss Art. 90 AuG verletzte (E. 1.5.1).
Der wirkliche Wille bestand gemäss Bundesgericht in der Errichtung einer Vertragsurkunde zur Täuschung der Migrationsbehörde zwecks Erschleichung einer Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz:
Das dissimulierte Geschäft bestand in der Errichtung einer Urkunde zur Täuschung der Migrationsbehörde. Gemäss Art. 18 Abs. 1 OR ist das dissimulierte Geschäft grundsätzlich gültig. Angesichts dieser gesetzlichen Normierung kann in der Errichtung eines entsprechenden Vertrags mithin keine Urkundenfälschung liegen. Allerdings wird dieses Vorgehen zur Erreichung eines strafrechtlich verpönten Erfolgs aus anderen Gründen auch zivilrechtlich unwirksam sein (so genannte “Verbrechensabrede”). Das kann ebenfalls offenbleiben. Denn selbst dieser Sachverhalt macht die Erstellung des Einzelarbeitsvertrags nicht zur Falschbeurkundung. Der Beschwerdeführer ist vom Vorwurf der Urkundenfälschung freizusprechen.
Der Freispruch erscheint im Ergebnis als richtig, weil ein Arbeitsvertrag keine allgemeingültigen objektiven Garantien für die Wahrheit der Erklärung der Parteien gegenüber Dritten enthält. Es liegt eine einfache Lüge (beider Vertragsparteien) vor. Zivilrechtlich liegt m.E. keine Simulation vor. Jedenfalls war der dissimulierte Vertrag nicht auf Täuschung des Amts ausgerichtet, sondern auf einen anderen Inhalt des Arbeitsvertrags.
Dass drei bestandene Bundesrichter den Satz ” Das dissimulierte Geschäft bestand in der Errichtung einer Urkunde zur Täuschung der Migrationsbehörde”, “durchlassen” erstaunt in der Tat.