Sind "unrechtmässige" Verkehrssignale verbindlich?

Grundsätzlich ja. Das Bundesgericht präzisiert in BGer 6B_261/2008 vom 19.08.2008 seine Rechtsprechung und stellt eine vielleicht missverständliche Regeste von BGE 128 IV 184 klar, die wie folgt lautet:

Art. 27 Abs. 1, Art. 26 Abs. 1 SVG; Pflicht zur Beachtung von nicht rechtmässig aufgestellten Signalen, Vertrauensprinzip. Auch nicht rechtmässig aufgestellte Signale oder Markierungen sind zu beachten, sofern sie einen schützenswerten Rechtsschein für andere Verkehrsteilnehmer begründen. Nichtigkeit kann nur in offenkundigen Ausnahmefällen angenommen werden (E. 4).

Die Klarstellung im eingangs zitierten Entscheid lautet so:

Zur zitierten Rechtsprechung ist festzuhalten, dass es in BGE 128 IV 184 um eine (angeblich) unerlaubte Begrenzung der Geschwindigkeit ging. Entgegen der insoweit missverständlichen Regeste, wonach auch nicht rechtmässig aufgestellte Signale zu beachten sind, widersprach die Aufstellung des Höchstgeschwindigkeitssignals in BGE 128 IV 184 der Signalisationsverordnung nicht. Bestritten wurde lediglich, dass die Geschwindigkeit auf jenem Autobahnabschnitt hätte begrenzt werden dürfen. Die Signalisierung soll mit anderen Worten von den Behörden mangelhaft beschlossen worden sein. Im Gegensatz dazu ging es in BGE 127 IV 229 um Geschwindigkeitssignalisierungen, die in eindeutiger Verletzung der Signalisationsverordnung aufgestellt worden waren und deshalb vom Fahrzeuglenker weder erkannt werden konnten noch mussten. Unbestritten war hingegen, dass die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit beim Dorfeingang von Rudolfstetten an sich zulässig war. Zusammenfassend gilt daher nach der genannten Rechtsprechung, dass mangelhaft beschlossene, aber nach der Signalisationsverordnung korrekt aufgestellte Verkehrssignale grundsätzlich verbindlich sind. Weil die inhaltliche Mangelhaftigkeit nicht erkennbar ist, wird das Vertrauen der anderen Verkehrsteilnehmer in die Geltung des Verkehrszeichens geschützt (so BGE 128 IV 184). Andererseits entfalten Verkehrszeichen, deren Aufstellung nicht der Signalisationsverordnung entspricht und die daher von den Verkehrsteilnehmern gar nicht oder nur erschwert erkannt werden können, keine Bindungswirkung (so BGE 127 IV 229).