Spannender Rückblick auf den Vierfachmord von Rupperswil
Auf TeleM1 blickt der Kripo-Chef AG auf das Verfahren gegen Thomas N. zurück, der für die auch heute noch unfassbare Tat verurteilt wurde. Auch fünf Jahre danach ist noch immer nicht bekannt, wie die Behörden Thomas N. ermittelten. In den Strafurteilen steht dazu nichts, woraus fliesst, dass die Justiz nie geprüft hat, ob die Beweismittel gegen Thomas N. überhaupt verwertbar waren.
Die Polizei will sich auch heute nicht äussern, denn (bei 01:15):
Wir wollen schliesslich auch nicht, dass die Gegenseite von unserem Wissen profiziert.
Zur “Gegenseite” gehört vermutlich auch die Justiz, aber die hat sich ja gar nicht dafür interessiert.
Mehr zu wissen scheint übrigens Prof. Marc Forster, der am Tag der erstinstanzlichen Urteilseröffnung das Vorgehen der Ermittlungsbehörden ziemlich detailliert in seinem Blog beschrieb:
Die erfolgreiche Identifizierung des Beschuldigten (und damit das gesamte nachfolgende Beweisfundament) war aber wiederum erst aufgrund einer digitalen “Rasterfahndung” mittels sogenannten “Antennensuchlaufs” zustande gekommen
Das halte ich zwar für unwahrscheinlich, aber ich weiss es im Gegensatz zu Forster, der seine Quellen nicht nennt, nicht.
Zum Schluss noch ein Zitat aus dem Interview mit dem KripoC im Talk täglich (bei 15:20):
Wir haben die Festnahme gemacht und wir haben das Ziel, nämlich das Geständnis, am Abend dieses Tages dann auch erreicht und hatten die wesentlichen Fakten.
Das reichte dann offensichtlich auch der Justiz.
Warum halten Sie einen Antennensuchlauf für unwahrscheinlich?
Forster promotet wohl einfach sein Buch. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Antennensuchlauf die Täterschaft signifikant eingrenzte. Wenn man davon ausgeht, dass die Polizei rasch von einem Täter in Tatortnähe ausging sehe ich da eine viel banalere, juristisch geradezu ätzend langweilige Ermittlungsmethode, deren Ergebnisse völlig zweifellos verwertbar wären. Vielleicht war es deshalb vor Gericht kein Thema?
Das – unerzwungene und glaubwürdige – Geständnis ist und bleibt im Strafprozess eines der wichtigsten Beweismittel. Das ist so nicht falsch. Unerzwungene Geständnisse sind ein Zeichen des Respekts des Missetäters vor der gesellschaftlichen Ordnung – und so eigentlich ein Zeichen dafür, dass nicht alles schiefläuft in unserer Gesellschaft. Nur die letzten verbliebenen “Klassenkämpfer” werden das wohl anders sehen.
@Alex Rabian: Dann müssten wir uns mal über falsche Geständnisse unterhalten.
@kj: …und wir uns über die Frage, ob die materielle Wahrheit, welche in casu ermittelt wurde, einem Verteidiger derart wenig wert ist, dass er in einem derartigen Fall auch nur auf die Idee kommt, an die Beweismittelverwertbarkeit zu denken. Da kann man als Strafverfolger wirklich nur den Kopf schütteln…
@pk: Es gibt Beschuldigte, die verurteilt werden wollen und ihre Verteidiger auffordern, gewisse Fragen nicht aufzuwerfen (kommt übrigens öfter vor als man glauben könnte und hat fast immer damit zu tun, dass man den Täter vor Verfolgung schützen will). Wenn der Beschuldigte aufgeklärt handelt, muss sich der Verteidiger daran halten und einen Schuldspruch beantragen. Das entbindet das Gericht aber nicht, im Rahmen der Beweiswürdigung zu prüfen, ob die Beweise überhaupt verwertbar sind. Das wird immer wieder übersehen.
@ Pk
? Der Veteidiger hat die Rechte des Beschuldigten, Grundsätzlich mit allen zur Verfügungen stehenden Rechtsmitteln zu verteidigen.
Bedenklich ist einzig Ihre Meinung das bei eine gewissen schwere eines Deliktes der Verteidiger der StA Ihrer Meinung noch zuschaffen sollte und gewisse Vertwertbarkeitsfragen gar nicht stellen.
Das solches von Amteswegen zu beachten ist scheint in unserem „Rechtsstaat“ an Bedeutung zu verlieren, nein man will gleich noch den Verteidiger mit ins Boot holen….
Ich hoffe auch das Sie nicht StA oder Richter sind….Ansonstem hätten Sie wohl Befangenheitsprobleme….
Da wären wir dann wieder bei den “fruits of the poisonous tree”. Und Sie wissen genau so gut wie ich, dass in diesem Fall das Interesse an der Aufklärung eines kaltblütigen Vierfach(!)mordes eine allfällige Verletzung von Gültigkeitsvorschriften bei weitem in den Schatten stellt. Wieso also sollte es wichtig sein, wie man an die Infos gelangt ist? Wäre ohnehin belanglos aufgrund der Schwere des Verbrechens….
@ProStA: Ihre Kommentare sind vollkommen unreflektiert und meistens fachlich einfach falsch. Jetzt ist aber wenigstens klar, dass Sie über keine juristische Ausbildung verfügen. Jetzt hoffe ich nur noch, dass Sie nicht Richter oder Staatsanwalt sind.
Ich empfehle, den Fall Gäfgen zu lesen bzw. die beweisrechtlichen Ausführungen von Pieth, Schweizerisches Strafprozessrecht, 3. Aufl., Basel 2016, S. 198 ff. Zwar wird z.T. die Meinung vertreten, Art. 140 StPO sei von Art. 141 Abs. 4 StPO umfasst, dies halte ich jedoch mit Blick auf den ausdrücklichen Wortlaut der Bestimmungen für klar falsch.
Was könnten denn das für Ermittlungen gewesen sein, den Täter zu überführen – nicht ein Geständnis zu erlangen (da gibt es viele unzulässige Methoden) -, die nicht hätten verwertbar sein können? Mir fällt da nichts ein.
Mir fällt auch nichts ein. Und nur, weil im urteil nichts steht, ist das noch lange kein justizskandal oder der untergang des rechtsstaates. Es war wohl schlicht und einfach überhaupt nicht strittig und sonnenkristallklar. Dann muss auch nicht unbedingt etwas im urteil dazu stehen.
@Sonnenkönig: muss ich mich jetzt dafür entschuldigen, dass ich Fakten angesprochen habe? Von Justizdkandal sprichst Du, nicht ich. Und wenn etwas so eindeutig ist, dann kann man ja in einem Urteil auch sagen, woran das liegt. Begründungdpflicht und so.
Begründungspflicht bedeutet nicht, zu jedem noch so unbestrittenen und sonnenklaren detail romane schreiben zu müssen.
Sonnenklar für wen?
Offenbar auch für den strafverteidiger, jedenfalls ist von entsprechenden beanstandungen nichts bekannt.
Würden die armen Opfer ihre Kommentare lesen, sie würden sich im Grabe umdrehen. Angesicht des grossen Unrechts und der Tatsache, dass hier mehrer Familien geliebte Angehörige für immer verloren haben, im übrigen auch die Familie des Beschuldigten, fällt mir zu ihrer Diskussion nichts mehr ein. Ein Lob auf die Strafverfolgungsbehörden und die Justiz.
@citybull: auch die Opfer hätten doch wohl Anspruch auf eine überzeugende Urteilsbegründung, nicht?
….Was ist aus diesem blog in der letzten Zeit geworden? Viele Boulevard-Kommentare analog Blick…schade
Es sollte sonnenklar sein, dass die Interessen der Opfer und etwaiger Hinterbliebenen sowohl dem Täter als auch dessen Verteidigung völlig gleichgültig sein können. Der Strafverteidiger hat sowieso schon ein schweres Los mit einer übermächtigen Justiz und einem Mandaten der sich bzgl. der Tat vielleicht schon selber belastet hat. Ausserdem gibt es für die Opfer entsprechende Institutionen, an welche Sie sich wenden können um sich warme Worte und das ein oder andere finanzielle Trostpflaster abholen können. Mit anderen Worten: Die Opfer und Hinterbliebene interessieren mich überhaupt nicht.
Mmh dem Verteidiger ja, aber dem Täter auch? Sollte er nicht am Schluss reue zeigen? Aufrichtige reue? Das wäre zu mindest für sein Strafmass von Vorteil, wenn ihm dieses nicht vollständig egal ist, dann können im mM die Opfer auch nicht ganz egal sein. Beim Verteidiger bin ich aber voll und ganz bei Ihnen….
…….dass die Justiz nie geprüft hat, ob die Beweismittel gegen Thomas M. überhaupt verwertbar waren.
Was der Autor schreibt ist korrekt. Man darf aber gerade im Kanton Aargau nicht übersehen, dass es meistens gar nicht erwünscht ist, zu prüfen ob Beweismittel überhaupt verwertbar sind. Meistens werden nämlich unverwertbare Beweismittel als verwertbar klassifiziert oder gar nicht auf Verwertbarkeit geprüft.
Damit schreitet der seit langem sichtbare Trend fort, dass die Justiz eben nicht mehr über Recht befindet sondern sich zum reinen Willkürinstrument von Richtern wandelt, deren Ermessensspielraum fast unendlicher als das Universum scheint, Die indoktrinierte Meinung, Richter würden Gesetze umsetzen, wird damit einmal mehr widerlegt.