Sprengstoff in der Hose
Wer pyrotechnische Artikel in seiner Hose versteckt in ein Fussballstadion schmuggelt, macht sich nach einem neuen Urteil des Bundesgerichts der versuchten Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz schuldig (BGer 6B_612/2011 vom 14.12.2011).
Dem Beschwerdeführer wurde gemäss Anklage vorgeworfen, vor dem Fussballstadion, der AFG-Arena, in St. Gallen, einen in seinen Boxershorts bzw. Hose versteckten Rauchkörper der Marke „T.I.F.O.“ auf sich getragen zu haben, den er anlässlich des Fussballspiels habe abbrennen lassen wollen.
Offenbar war es diese vielleicht etwas unbedarfte Anklage (strafbar wäre nach Art. 37 SprstG ja schon der Besitz), welche die Gerichte mit der Frage des Versuchs (Art. 22 Abs. 1 StGB) beschäftigt hat. Das Bundesgericht hält mit der Vorinstanz dafür, dass die Schwelle zum Versuch im Sinne der Anklage überschritten war und verwirft die dagegen vorgetragenen Argumente der Verteidigung:
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei nicht völlig sinnwidrig und lebensfremd, den Rauchkörper durch die Kontrollen zu schmuggeln, um ihn während des Spiels doch nicht abzubrennen und wieder hinaus bzw. nach Hause zu tragen, überzeugt nicht. Dies gilt umso mehr, als der Beschwerdeführer nicht ausführt und es auch nicht ersichtlich ist, wie der Rauchkörper im vorliegenden Zusammenhang gemäss den Vorschriften des Sprengstoffgesetzes legal verwendbar gewesen wäre. Sein Argument, an einem späteren Spiel zwischen den gleichen Mannschaften hätten die Basler Fans nach Spielschluss die Polizei unter anderem mit nicht abgebrannten Pyros beworfen, kann hieran ebensowenig ändern wie seine Behauptung, er habe mehrmals überlegt, sich des Rauchkörpers zu entledigen. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, hätte er es vor der Zutrittskontrolle, dem „point of no return“, tun müssen. Die Vorinstanz erwägt in diesem Zusammenhang nachvollziehbar, dass sich kein einigermassen vernünftiger Mensch dem Risiko einer Kontrolle und Anhaltung bzw. polizeilichen Festnahme aussetze, um den Rauchkörper schliesslich nicht zu zünden. Die Folgerung, das Verbringen des Rauchkörpers ins Stadion sei einzig darauf ausgerichtet gewesen, diesen dort zu zünden, mithin im Sinne von Art. 15 Abs. 5 SprstG zu Vergnügungszwecken zu verwenden, ist nicht willkürlich. Davon zeugt auch der vom Beschwerdeführer angeführte Umstand, es bestehe gemäss einem älteren Flyer der „Muttenzerkurve“ die Möglichkeit, eine Bengale wieder aus dem Stadion hinauszunehmen, wenn es keinen Grund zum Abfeuern gebe. Da der Verwirklichungswille diesfalls lediglich von einem äusseren, vom Täter grundsätzlich nicht beeinflussbaren, Geschehen abhängig ist, wäre in diesem Fall der (Eventual-) Vorsatz ebenfalls zu bejahen.
Die vom Beschwerdeführer erwähnte Möglichkeit, er hätte auch nach dem Einlass ins Stadion noch von der Tatausführung absehen können, ist schliesslich ohne Relevanz, da nach Überschreiten des „point of no return“ immer eine – wenn auch theoretische – Rücktrittsmöglichkeit besteht, die für die Strafbarkeit des Tatversuchs jedoch ohne Einfluss bleibt.
Ohne Belang ist schliesslich die Rüge, die Vorinstanz habe ihn zu Unrecht als Teil der Gruppe „Muttenzerkurve“ bezeichnet, da sie nicht ausschliesslich auf den in der Gruppe gebildeten Tatentschluss, die Pyros während des Spiels zu verwenden, abstellt, sondern zu Recht auch dem Beschwerdeführer einen persönlichen individuellen Tatentschluss zuschreibt (E. 1.6).
Kleine Anmerkung: Der Besitz eines Pyros alleine ist nicht strafbar, vgl. dazu: http://www.onlinekommentar.ch/index.php?title=Sprstg37
Aha, man lernt nie aus, danke.