Staatsanwaltschaft – Verteidigung 0:4
Mit fragwürdigen Mitteln versucht ein Staatsanwalt BL, die Verteidigungsrechte der Beschuldigten zu unterlaufen. Die Justiz BL scheint sich derart stark auf die Seite des Anklägers geschlagen zu haben, dass sie sich selbst dem Bundesgericht widersetzt und sich (bisher) geweigert, die Vorwürfe der Verteidigung gegen den Staatsanwalt umfassend zu prüfen (BGer 7B_122/2022, 7B_123/2022, 7B_124/2022, 7B_126/2022, alle vom 12.02.2024):
Dessen ungeachtet hat die Vorinstanz, trotz anscheinend vorgängig erfolgter Verfahrensvereinigung mittels selbständiger Zwischenverfügung, vier eigenständige Beschlüsse erlassen, in welchen sie in Bezug auf jeden Beschwerdeführer lediglich die diesen unmittelbar betreffenden angeblichen Fehlleistungen des Beschwerdegegners berücksichtigt. Die Beschwerdeführer rügen daher zu Recht, die Vorinstanz habe es unterlassen, die vom Bundesgericht verbindlich angeordnete Gesamtwürdigung aller geltend gemachter Ausstandsgründe vorzunehmen. In Nachachtung der bereits ergangenen Urteile vom 22. Dezember 2020 ist diese Gesamtwürdigung nachfolgend gestützt auf den für das Bundesgericht von der Vorinstanz grundsätzlich verbindlich festgestellten Sachverhalt (vgl. Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG) vorzunehmen (E. 5.3).
Das Kantonsgericht handelt sich zudem den Vorwurf ein, den Sachverhalt willkürlich festgestellt zu haben und treuwidrig entschieden zu haben:
Der Beschwerdeführer 1 rügt diesbezüglich zu Recht, die Vorinstanz stelle mit ihrer Annahme, die Versetzung in einen Nebenraum sei aufgrund beschränkter Platzverhältnisse erforderlich gewesen, den Sachverhalt willkürlich fest: In der von der Vorinstanz nur unvollständig wiedergegebenen Stellungnahme der Polizei vom 26. November 2019 hielt letztere ausdrücklich fest, in Absprache mit der Staatsanwaltschaft sei vereinbart worden, dass die teilnahmeberechtigten Personen separat in einem Nebenraum platziert würden. Zu den Gründen hierfür wurde weiter ausgeführt: “Die Überlegung dazu war neben einer Ressourcen- und Platzfrage (Einvernahmeräume), auch die, damit die Einvernahme in ruhiger Weise durchgeführt werden kann”. Schliesslich wurde in der Stellungnahme ausdrücklich darauf hingewiesen, dass “von vereinzelten Anwälten gezielt versucht [werde] die Einvernahmen zu stören, um den Polizisten aus dem Konzept zu bringen”.
Damit ist zugleich gesagt, dass die Staatsanwaltschaft das Recht auf (die grundsätzlich unmittelbare) Teilnahme an der Beweisabnahme nach Art. 147 Abs. 1 StPO ohne Offenlegung der hierfür tatsächlich massgebenden Gründe (angeblich missbräuchliches Verhalten der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer) einschränkte. Ob die von der Polizei erhobenen Vorwürfe eine Einschränkung der Teilnahmerechte erlauben würden, braucht vorliegend nicht geprüft zu werden. Mangels Kenntnis der Beschwerdeführer der Vorwürfe wurde ein wirksamer Rechtsschutz dagegen und gegen die damit einhergehenden Einschränkungen ihrer Teilnahmerechte vereitelt. Ein solches Vorgehen des Beschwerdegegners widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, zu deren Achtung die Strafbehörden verpflichtet sind (Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO) [E. 6.1].
Wenn man den Entscheid und die weiteren Rügen der Verteidigung weiterliest, muss man sich ernsthaft fragen, ob das nebst der neuerlichen Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse nicht weitere Folgen haben müsste. In einem Rechtsstaat wäre das Verfahren einzustellen.
„Staatsanwaltschaft – Verteidigung 0:4“
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@Anonymous: dürfte in etwa hinkommen.
Verfahrensfehler oder treuwidriges Verhalten des STA sollten in einem Rechtsstaat nicht zu einer Einstellung des Verfahrens führen, sondern zu dessen Wiederholung. Der Rechtsstaat schützt nicht nur die beschuldigte Person, sondern auch weitere Verfahrensbeteiligte, wie etwa eine geschädigte Person. Diese würden bei Einstellung ungerecht benachteiligt. Eine Verfahrenswiederholung hat dabei genügend abschreckende Wirkung auf die Strafverfolgungsbehörden.
@Thomas Lieven: Im Strafverfahren geht es um die Frage nach der Schuld oder Unschuld der beschuldigten Person. Alles andere ist rechtsstaatlich überflüssig. Geschädigte haben andere Mittel. Wenn keine Verurteilung erfolgt, dann bleibt die beschuldigte Person unschuldig. Man kann nicht einfach so oft mit ihr experimentieren, bis das gewünschte Ergebnis vorliegt. Ne bis in idem. Und ja, ich weiss, dass das nicht der geltenden Rechtsprechung entspricht.
Unabhängig vom Ausgang: Eine absolute Zumutung, dass das Bundesgericht für einen solchen Entscheid 2 (!) Jahre gebraucht hat.